Kristjan und Hrvoje privat

Kristijan Jakic und Hrvoje Smolcic – es scheint eine kroatische Bromance zu sein. Dabei kannten sich die Beiden vor ihrer gemeinsamen Zeit bei Eintracht Frankfurt noch nicht so gut. EintrachtTV und die EvM-Redaktion hat die beiden nach dem Mannschaftstraining begleitet. Zum Friseur, in die eigenen vier Wände und zur Diva, ihrem Stammlokal am Riederwald. 

Interview und Reportage: Lars Weingärtner 
Fotos: Bianca Jockel 

Es ist Ende Januar. Das Thermometer zeigt ein Grad Celsius und der Tau ist am Morgen noch auf den Grashalmen zu erkennen. Hrvoje Smolcic und Kristijan Jakic kommen dick eingepackt auf den Trainingsplatz am Deutsche Bank Park. Schlauchschal, Mütze, Handschuhe – alles, was Materialwart Franco Lionti rausgegeben hat. Seite an Seite agieren die beiden Kroaten in der letzten Übung des Mannschaftstrainings. Smolcic in der Mitte, Jakic hat den rechten Part des Innenverteidigers inne. Genauso werden sie auch den Tag verbringen. Seite an Seite. Noch in Trainingsklamotten erscheinen sie zum ersten Interviewpart. Kristijan hat Erdreste am Knie, Hrvoje stinkt. Sagt zumindest Kristijan, der mit seinem Mitstreiter sowieso gerne am Frotzeln ist. Nach lustigen Diskussionen, wer denn nun besser trainiert habe, startet das Interview. 

Hrvoje, wie nimmst du deine ersten Monate in Deutschland wahr? Wie zufrieden bist du mit deiner Entwicklung?
Hrvoje: 
Bis jetzt läuft es ganz gut. Ich habe mich gut angepasst und bin insgesamt ganz zufrieden mit mir. Ich glaube, alle im Klub sind es auch. Zwischen Kroatien und Deutschland liegt ein großer Unterschied. Schwer ist vor allem, sich anzupassen. Das braucht Zeit. Bislang läuft es nach Plan, meine Einsatzzeiten häufen sich. Ich versuche, mich auf dem Platz zu beweisen und mit der Mannschaft Punkte zu sammeln. 

Kristijan, bist du auch zufrieden mit ihm? 
Kristijan: 
Ich kenne Hrvoje noch aus der Zeit, als wir beide in Kroatien gespielt haben. Er hat sich enorm entwickelt. Das Niveau im deutschen Fußball ist höher, das Spiel ist schneller und physischer als in Kroatien. Mich freut es sehr, dass Hrvoje immer mehr Einsatzzeiten kriegt. Er hat bislang sehr ordentlich gespielt. Ich hoffe, er macht so weiter und arbeitet an sich. 
Hrvoje: Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich mich bei Kristijan gemeldet. Damals kannten wir uns noch nicht so gut. Seitdem stehen wir ständig in Kontakt und verbringen sehr viel Zeit miteinander. Ohne ihn wäre es schwieriger gewesen, sich anzupassen. Auf und neben dem Platz. Kristijan war und ist eine riesige Unterstützung für mich, denn es ist wichtig zu verstehen, was du als Spieler machen sollst. Genauso wie die Kommunikation mit den Mitspielern. 

„Niemals hätte ich mir ausmalen können, die Europa League zu gewinnen“ - Kristijan Jakic -

Europa-League-Sieger und somit Teilnehmer in der Champions League in diesem Jahr. Hättest du dem Team diesen Sprung zugetraut, als du im August 2021 nach Frankfurt gekommen bist, Kristijan? 
Kristijan: 
Ich bin ein großer Optimist und setze mir hohe Ziele. Ich träume davon, Trophäen zu gewinnen. Niemals hätte ich mir ausmalen können, dass die Erfolge so schnell kommen. Wer hätte gedacht, dass ich nach eineinhalb Jahren bei Eintracht Frankfurt die Europa League gewinne? 2022 war ein phänomenales Jahr, es bleibt für immer in Erinnerung. Dieses Jahr zu überbieten ist schwer. Aber nicht unmöglich! 

Für die Kroaten geht es nun unter die Dusche. Das Eintracht-Team trifft Hrvoje am Nachmittag wieder, beim Friseur. Hier wird der 22-Jährige schon erwartet. Ein Barbershop, nur für Männer. „In Frankfurt war ich das letzte Mal nicht zufrieden“, mahnt der Abwehrspieler. „Deswegen bin ich heute in Steinbach.“ Steinbach, am Fuße des Taunus, liegt gut 15 Autominuten vom Deutsche Bank Park entfernt. Mit dem Friseur spricht Hrvoje Englisch, denn das kann der Blondschopf fließend. Seiten kurz, oben nicht so viel weg. Die Frisur muss für das nächste Heimspiel sitzen. 

Hrvoje, du spielst nun seit ein paar Monaten in der deutschen Bundesliga. Wo sind die Unterschiede zu deinem Heimatland? 
Hrvoje: Der größte Unterschied zum deutschen Fußball ist die Physis. Wenn du physisch nicht mithalten kannst, bist du auch nicht in der Lage, das Tempo mitzuhalten. Du machst schneller Fehler. Ich musste seit dem ersten Tag 100 Prozent geben, um hier mithalten zu können. In Deutschland ist das wesentlich schwerer als in Kroatien. Mittlerweile denke ich, gut an das Niveau angeknüpft zu haben, sodass ich zufriedenstellende Leistungen bringen kann. Ich muss und werde trotzdem weiter an mir arbeiten, denn es geht immer ein bisschen besser. Ich bin auf einem guten Weg. 

Beherrschst du mittlerweile die deutsche Sprache?
Hrvoje: 
Natürlich habe ich schon ein wenig gelernt. Auf dem Platz zu kommunizieren bereitet mir mittlerweile gar keine Probleme mehr. Die deutsche Sprache ist nicht einfach. Deshalb besuchen Kristijan und ich einen Deutschkurs. Es braucht jedoch noch Zeit, bis wir die Sprache gut beherrschen. 

„Sollte ich in Hintereggers Fußstapfen treten, freut es mich“ - Hrvoje Smolcic -

Die Medien vergleichen dich teilweise mit Martin Hinteregger.
Hrvoje: 
Mich freut es zu hören, dass mich Menschen mit Martin Hinteregger vergleichen. Ich weiß, was er für die Eintracht geleistet hat. Wir sind beide blond, beide Linksfuß und spielen auf der gleichen Position. Es gibt also einige Parallelen (lacht). Sollte ich in seine Fußstapfen treten, einen guten Eindruck und Erinnerungen hinterlassen, freut es mich. Bis dahin arbeite ich täglich an mir. 

Zusammen mit Hrvoje Smolcic macht sich das Eintracht-Team auf den Weg zu seinem kroatischen Teamkollegen. Angekommen im Hause Jakic lässt sich feststellen: Die Wohnung ist nicht pompös, eher spartanisch eingerichtet. Vierter Stock, ein schöner Blick auf die Frankfurter Skyline, dazu Playstation sowie Ergometer im Wohnzimmer. Hier und da fehlt eine Deckenlampe. Schuhe soll keiner ausziehen, nur Hrvoje Smolic nimmt die Schlappen seines Landsmannes. Sehr gastfreundlich bietet Kristijan allen etwas zu trinken an. „Espresso“, rät er uns, „kann ich nur wärmstens empfehlen“. Seit Filip Kostic und Kevin Trapp sind Kaffee-Spezialitäten der Renner in der Mannschaft. Auch Jakic ist angefixt und serviert jedem aus seiner Siebträgermaschine höchst akkurat leckere Esspressi. Mehrfach fragt er dabei nach „gut?“. Derweil dudelt auf dem Fernseher kroatische Hintergrundmusik. Genau da, wo Kristijan Jakic gerne drauf zockt. Call of Duty und FIFA sind seine beiden Lieblingsspiele. Zwischendurch quizzen die beiden Jungs, zu sehen gibt’s das auf EintrachtTV im Adlerträger-Video.

Kristijan, was sind drei Sachen in deiner Wohnung, die nicht fehlen dürfen? 
Kristijan: 
Zuerst einmal Kaffee. Das ist ein Muss. Danach folgt Strom für die Playstation. Und Wasser. 

Hrvoje, was sind drei Sachen aus Kristijans Wohnung, die du mitnehmen würdest? 
Hrvoje: Auf jeden Fall den Roboter, der alleine staubsaugt. Sein Fahrrad wäre nicht schlecht, ich wollte mir sowieso eins besorgen. Dann vielleicht noch seine Couch, die gefällt mir. 

Kristijan, ihr beide hattet vor Hrvojes Wechsel schon Kontakt. Hrvoje fragte dich, wie es hier in Frankfurt sei. Seid ihr seitdem Best Buddies? 
Kristijan: Ja klar, wir haben uns auf jeden Fall gut kennengelernt. 
Hrvoje: Wir verbringen einen Großteil des Tages zusammen. 
Kristijan: Wir haben vieles gemeinsam. Sogar sein Heimatort ähnelt meinem. Wir kommen sehr gut miteinander klar und verstehen uns prächtig. Keiner schießt gegen den anderen oder wird sauer. 

Was macht ihr zusammen in Frankfurt? Wie verbringt ihr den Tag?
Hrvoje: 
Eigentlich hätten wir heute nach dem Training unseren Deutschkurs besucht. In der Regel sind wir gegen spätestens 15 Uhr fertig, ruhen uns dann bis zum Unterricht aus, der von 16 bis 17 Uhr stattfindet. Danach machen wir meist die Playstation an und spielen bis zum Abendessen. Jeder macht sich selbst was zu essen oder wir bestellen etwas. Danach schauen wir eine Serie oder setzen uns an die Konsole. In jedem Fall ist es nie langweilig. 
Kristijan: Ich mache noch meine Regenerations-Übungen zwischendurch. 

„Kristijan hasst es zu verlieren“ - Hrvoje Smolcic -

Es macht den Eindruck, dass ihr auf dem Spielfeld sehr ähnlich seid. Stimmt das? Hrvoje: Es ist von Vorteil, wenn man sich über Niederlagen ärgert. Kristijan hasst es zu verlieren. Ich schätze diese Eigenschaft an ihm. Er ist grundsätzlich ein wenig aggressiver und genervter. Aber auch ich finde es gut, wenn man mit dem Schiedsrichter kommuniziert. Ich bin so – nur nicht so extrem wie Kristijan. Er geht manchmal auch auf seine eigenen Mitspieler los. Er liebt den Sport, dem ordnet er alles unter. Anfangs ist er nett, aber je mehr Zeit du mit ihm verbringst, umso wilder wird er. Ich bin es aber gewohnt (lacht). Außerdem ist das immer positiv. 

In der Diva, dem Restaurant im Sportleistungszentrum der Eintracht, fühlen sich die Jungs heimisch. Hier wird die Servicekraft umarmt und lautstark kroatisch durch das Lokal gesprochen. Dort, wo während der WM in Katar noch frenetisch Jakic und Co. angefeuert wurden, sitzt jetzt ein National- und ein U21-Spieler des Landes. Die Verbundenheit untereinander ist spürbar. Ein leckeres Abendessen wird gereicht, doch beim Palatschinken sagen beide nein. „Aufpassen“, sagt Jakic, der dabei auf seinen Bauch zeigt. Immer wieder spricht er vereinzelt deutsche Wörter. 

Ihr seid beide sehr verwurzelt in Kroatien. Wie wichtig ist euch die Familie?
Hrvoje: 
Ich bin sehr verbunden mit meiner Familie, dementsprechend fehlt sie mir auch. Eintracht Frankfurt ist für mich der erste Klub im Ausland. Es ist das erste Mal, dass ich ohne meine Familie lebe und sie nur alle paar Monate sehen kann. Ich bin noch immer dabei, mich daran zu gewöhnen. Es ist nicht einfach, aber ich nehme die Situation an. Immer, wenn meine Eltern Zeit haben, kommen sie mich besuchen. Mein Vater arbeitet noch, mein Zwillingsbruder ist auch Fußballer. Ihn habe ich fast ein halbes Jahr nicht mehr gesehen. Meine Schwester lebt in den Niederlanden. Ich freue mich immer, sie zu sehen. Wenn wir zusammen sind, genießen wir die Zeit und holen alles Mögliche nach, was wir in der Zwischenzeit verpasst haben. 
Kristijan: Mir fehlt meine Familie auch sehr. Ich habe eine sehr enge Bindung zu ihr und meinen Freunden. Ich kann es kaum erwarten, zurück nach Kroatien zu kehren. Jede freie Minute möchte ich mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen. Seitdem ich 15 Jahre alt bin, lebe ich getrennt von ihnen. Mir fehlt das Beisammensein. 

Hrvoje, fühlst du dich einsam ohne deine Freundin?
Hrvoje: 
Meine Freundin lebt in Rijeka und studiert insgesamt fünf Jahre. Das hat natürlich Vorrang. Sie ist derzeit im zweiten Jahr, ich habe also noch eine lange Zeit vor mir, in der ich weit weg von ihr und ohne sie auskommen muss. Wann immer sie frei hat, versucht sie es sich einzurichten, mich zu besuchen. Eine Fernbeziehung ist nicht einfach, aktuell händeln wir das aber sehr gut. Ich hoffe, dass das auch weiterhin so funktioniert. 

„Was ich am meisten an Deutschland liebe, ist, dass die Stadien immer voll sind“ Hrvoje Smolcic -

Was liebt ihr an Deutschland? 
Kristijan: 
Schnitzel! 
Hrvoje: Was ich am meisten an Deutschland im Vergleich zu Kroatien liebe ist, dass die Stadien immer voll sind. Die Fans verfolgen und unterstützen ihre Vereine. Mir macht es viel mehr Spaß, hier Fußball zu spielen als in Kroatien. 

Stimmt es, dass sich Balkan-Jungs immer gut verstehen?
Hrvoje: 
Für uns ist es normal, gut miteinander auszukommen. Primär aufgrund der Sprache. Keiner von uns konnte anfangs gut Deutsch. Die gute Beziehung zueinander liegt nun mal darin und in unserer Herkunft. Deshalb verbringen wir auch so viel Zeit miteinander. Ich sehe Kristijan wie einen Bruder an. Es gibt schließlich nichts Schöneres im Ausland als jemanden zu treffen, mit dem du dich unterhalten kannst. 

Wenn ihr noch einen Kroaten zur Eintracht holen könntet, wer wäre das?
Kristijan: 
Josko Gvardiol [21-jähriger Innenverteidiger von Leipzig; Anm. d. Red.]. 
Hrvoje: Meinen Zwillingsbruder [spielt bei HNK Rijeka und in der U21-Nationalmannschaft; Anm. d. Red.]. 

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?
Kristijan: 
Schwierige Frage. Ich kann es heute noch überhaupt nicht abschätzen. Aktuell haben wir erstmal viel vor mit Eintracht Frankfurt. 
Hrvoje: Ich kann mir vorstellen, länger in Frankfurt zu bleiben. Der Klub spielt auf hohem Niveau. Mir gefällt es wirklich sehr. Zum Ende meiner Karriere möchte ich nochmal nach Kroatien zurückkehren. Wohin, weiß ich noch nicht. Vielleicht zu Rijeka, meinem Ex-Verein. Gerne würde ich nochmal zwei Jahre in Kroatien spielen. 

Wo steht die Eintracht in fünf Jahren? 
Hrvoje: 
Der Klub geht den richtigen Weg. Er entwickelt sich gut weiter. Es ist jedoch schwer, dieses hohe Niveau konstant zu halten und jedes Jahr Champions League zu spielen. Das ist für Eintracht Frankfurt etwas Historisches und ein riesiger Erfolg. Ich hoffe, dass der Klub diesen Rhythmus beibehalten kann. Wir versuchen dabei zu helfen. 
Kristijan: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich bin eineinhalb Jahre hier, die Zeit ist enorm schnell verflogen. Der Klub hat sich rasant entwickelt, was mich sehr freut. Wo die Eintracht in fünf Jahren steht, kann ich aber nicht sagen. Ich hoffe wie Hrvoje, dass wir dieses Niveau halten können. Vor allem wegen der Fans, die für jedes Spiel ins Stadion kommen und den Verein unterstützen. Die Fans sind phänomenal. Für jeden Spieler ist es von großer Bedeutung, wenn die Zuschauer sie lautstark unterstützen und zu jedem Spiel mitkommen.