Den Stürmer im Blut, das Bernabéu im Kopf 

Madrid gesehen, in Glasgow unterlegen, Götze kontaktiert, vom Vater geprägt und von Beckham inspiriert. Philipp Max, der Ende Januar Adlerträger wurde, im Porträt. 

Die Verpflichtung von Philipp Max war erst wenige Stunden publik, als der deutsche Twitter-Kanal der UEFA den ersten Schatz aus dem Archiv präsentierte. Gruppenphase der UEFA Europa League im September 2021 mit der PSV Eindhoven gegen Sturm Graz, Max erhält im zweiten Anlauf die Kugel und schmettert diese aus halbrechter Position und gut 25 Metern in das Grazer Gehäuse. Vorlagengeber zum 3:1 beim schlussendlichen 4:1-Sieg war übrigens Mario Götze, der im vergangenen Sommer den Weg an den Main gefunden hatte. Es sind nicht die einzigen teils kuriosen Verbindungen und Faktoren. 

Der Götze-Faktor 
Am Tag seiner Ankunft nach dem Verhältnis zum deutschen Nationalspieler gefragt, gab Max gegenüber EintrachtTV unumwunden zu: „Sehr eng. Schon über längere Zeit. Als zuletzt die Möglichkeit gekommen ist, dass ich zur Eintracht wechseln könnte, habe ich den Kontakt intensiviert. Jetzt bin ich froh, dass ich hier bin.“ 

Der Bundesliga-Faktor 
Diese Beziehung als Hauptgrund für das schnelle Wiedersehen zu betrachten, griffe freilich zu kurz. „In erster Linie war der Wunsch von mir und meiner Frau sehr groß, wieder nach Deutschland in die Bundesliga zu kommen“, erklärt Max, der sich im Mai 2022, Corona-bedingt mit zwei Jahren Verzögerung, auf Mallorca mit Annabell trauen ließ. Neben dem privaten hat der 29-Jährige längst auch sein sportliches Glück gefunden. 

Am längsten ausgebildet beim FC Schalke 04 zog es den Linksverteidiger 2014 zum Karlsruher SC. Mit den Badenern verpasste er 2014/15 erst in der Relegation den Aufstieg in die deutsche Beletage, nach einem weiteren Jahr in Liga zwei folgte der Schritt ins Oberhaus zum FC Augsburg. Dort fasste er auf Anhieb Fuß und startete 2017/18 endgültig durch, als er neben zwei Toren 13 Assists beisteuerte. 2018/19 standen je vier Treffer und Vorlagen zu Buche und in offensiverer Rolle im linken Mittelfeld 2019/20 schließlich acht Buden nebst sechs Vorlagen. 

Der Vater-Faktor 
Welchen Anteil die Gene oder die Obhut unter Martin Max an diesen Quoten haben, mag dahingestellt sein. Jedenfalls stammt Philipp Max aus einer wahrhaften Fußballfamilie. Während die Mutter unter anderem in der Westfalen-Auswahl auflief, wurde Vater Martin zwei Mal Torschützenkönig der Bundesliga. 

Zeitweise durfte sich auch Philipp im Sturmzentrum austoben. Nachdem er in der Jugend des FC Bayern nicht regelmäßig gefragt war, pendelte er auf Schalke zwischen Mittel- und Außensturm. 

Der Bernabéu-Faktor 
Etablieren konnte sich der 1,77-Meter-Mann schließlich vor allem auf der defensiven Außenbahn, weshalb er sich in der Vergangenheit insbesondere bei den Brasilianern Roberto Carlos und Marcelo sowie dem ehemaligen Bayern-Spieler David Alaba Dinge abschaute; auch die Bananenflankentechnik von David Beckham hatte es ihm angetan – drei ehemalige und mit Alaba ein aktueller Spieler von Real Madrid, dem Rekordgewinner der UEFA Champions League. Diese Ebene blieb Max bisher verwehrt. Ein Einsatz in der Königsklasse fehlte dem olympischen Silbermedaillengewinner von 2016 vor seiner Ankunft in Frankfurt bislang. Die einzige Kadernominierung in Königsblau für die Begegnung im März 2014 im Estadio Santiago Bernabéu blieb die rühmliche Ausnahme. 

Der Rangers-Faktor 
„Die Chance, mit einem deutschen Klub international zu spielen, ist ein großer Traum, den ich mir erfüllen kann“, freut sich Max auf die größte europäische Bühne. Dass er diese nicht mit der PSV betreten hat, ist ausgerechnet derjenigen Mannschaft geschuldet, die Eintracht Frankfurt im Europa-League-Finale bezwingen und sich damit erst für die Champions League qualifizieren konnte: Der Rangers FC behielt in den Play-offs gegen Eindhoven mit 2:2 und 1:0 die Oberhand. 

Dass gute Dinge manchmal eher länger währen müssen, hat Max in der eigenen Familie mitbekommen. Martin Max ist bis heute mit 33 Jahren, acht Monaten und zehn Tagen der älteste Debütant in der deutschen Fußballnationalmannschaft. Unabhängig von Zeitpunkt und Alter wäre es sicher im Sinne aller Beteiligten, wenn unter dem nächsten Highlight-Video von Philipp Max der Hashtag #UCL statt #UEL stehen würde. 

„Die Chance, mit einem deutschen Klub international zu spielen, ist ein großer Traum, den ich mir erfüllen kann“ – Philipp Max - 

Text: Daniel Grawe
Fotos: Max Galys, Bianca Jockel