„Haben tollen Fußball gespielt“ 

Die Spieler Uwe Bindewald, Manfred Binz und Slobodan Komljenovic sowie Co-Trainer Karl-Heinz Körbel, alle heute noch in der Fußballschule und der Traditionsmannschaft für Eintracht Frankfurt am Ball, berichten über die besondere Fußball-Atmosphäre generell in Neapel und speziell beim Aufeinandertreffen 1994. 

„An Neapel habe ich schöne Erinnerungen. Schon allein die Busfahrt Richtung Stadion vor dem Spiel war ein Erlebnis. So viele Menschen an den Straßen, eine unglaubliche Begeisterung. Die Menschen in der Region leben den Fußball, das spürt man. Wenn du ins Stadion fährst, siehst du Fans, hohe Gebäude und Leute, die aus den Fenstern hinausschauen. Diese besondere Stimmung bleibt ewig in Erinnerung. Ich glaube, auch diesmal schaffen die Jungs das wieder. Das wünsche ich ihnen in diesem besonderen Spiel.“ - Uwe Bindewald - 

Uwe Bindewald (54) hat für die Eintracht 28 Europapokalspiele absolviert – von den Adlerträgern aus den 1990er Jahren hat nur Manfred Binz (36) mehr. Fast 30 Jahre später stehen Bindewald und Binz im Talenttraining immer noch mehrmals in der Woche gemeinsam auf dem Platz. Bindewald liegt damit übrigens gleichauf mit zwei Spielern aus zwei anderen Generationen: Vereinslegende Jürgen Grabowski und Djibril Sow (vor dem Hinspiel gegen Neapel) – wobei für Letzteren hoffentlich noch einige Einsätze hinzukommen werden.

„Kürzlich habe ich eine SMS eines Freundes bekommen, dass er unser Spiel in Neapel 1994 gerade in der Volkswirtschaft in Bockenheim schaut. Ich bin kurz hingefahren und habe mir noch 25 Minuten angesehen. Ich denke, wir sind damals verdient weitergekommen. Es war ein tolles Spiel von uns, wir haben tollen Fußball gespielt. Das Stadion in Neapel ist groß und hat eine Laufbahn. Es war ein heißes Spiel, aber nicht ganz ausverkauft. Die Italiener jedoch sind heißblütig. Das war ein heißer Tanz. Aktuell hat die SSC Napoli eine gute Mannschaft, aber wir haben eine riesige Chance auf das Weiterkommen in diesen beiden Spielen.“ - Manfred Binz - 

Manfred Binz (57) läuft in Neapel damals als Kapitän auf. Nach seiner Zeit bei der Eintracht hat er auch mit Brescia Calcio gegen Neapel gespielt. 

„Wir hatten Neapel in einem Krisenjahr erwischt. An das Rückspiel erinnere ich mich sehr gut. Die Atmosphäre war sehr feindselig. Ich habe mich aber völlig auf das Spiel konzentriert und alles andere ausgeblendet. Da der Großteil der Fans nach dem Spiel sauer auf die eigene Mannschaft war, sind wir sehr gut aus der Sache rausgekommen. Insgesamt haben wir zwei sehr gute Spiele gemacht und sind verdient weitergekommen. Unsere Mannschaft ist hitzige Atmosphären gewohnt und hat in den vergangenen Jahren insbesondere bei den Auswärtsspielen in Europa gute Ergebnisse erzielt. Wir werden also auch in Neapel unsere Chancen herausspielen und müssen diese verwerten, um den Einzug in das Viertelfinale zu schaffen.“ - Slobodan Komljenovic - 

Slobodan Komljenovic (52hatte im Hinspiel das einzige Tor zum 1:0 eingeleitet, er lief in beiden Partien über die vollen 90 Minuten auf. 

„Die ersten Berührungspunkte mit Neapel hatte ich, als ich mir das Schien- und Wadenbein gebrochen hatte und zu den Heilquellen nach Ischia [größte Insel im Golf von Neapel; Anm. d. Red.] gefahren bin. Auf dem Weg zur Fähre geht‘s am Stadion vorbei. Beim ersten Mal wunderte ich mich, weil dort so viel los war, aber kein Spiel angesetzt war. „Heute wird Maradona vorgestellt“, riefen die Leute. Absoluter Ausnahmezustand in Neapel! Das war 1984, und in den Folgejahren bin ich immer wieder nach Ischia gereist. 1994 habe ich dann erst die SSC einige Wochen vorher beobachtet, dann haben wir dort gespielt. Das Stadion ist wie ein Tempel, sie haben heißblütige Fans, die der zwölfte Mann sind. Die Masseure in der Therme auf Ischia hatten alle Dauerkarten, für die sie teilweise Kredite aufgenommen haben. So etwas Fußballverrücktes habe ich selten erlebt. Dazu der Mythos Maradona, der heute immer noch über dem Stadion schwelt und eine Rolle spielt. Alle Einwohner Neapels sind SSC-Anhänger. Diese unglaubliche Fankultur überträgt sich auf die eigene Mannschaft, die in dieser Saison einen starken Fußball spielt. Aber natürlich haben wir trotzdem eine Chance, weil wir uns in Europa enormes Selbstvertrauen erarbeitet haben in den vergangenen Jahren.“ - Karl-Heinz Körbel

Karl-Heinz Körbel (68), Bundesligarekordspieler der Eintracht, wurde international kürzlich abgelöst. Kevin Trapp setzte sich mit seinem 49. Einsatz in einem europäischen Wettbewerb vor Körbel (48), der jedoch als Co-Trainer u.a. von Jupp Heynckes, Dragoslav Stepanovic und Klaus Toppmöller Anfang der 1990er zahlreiche Spiele auf der Bank erlebte. 

„Kommt mal bei mir vorbei, ich kann euch noch bisschen was zeigen zu 1994“, rief Rainer Falkenhain kürzlich der EvM-Redaktion zu. Gesagt, getan. Der langjährige Leiter der Lizenzspielerabteilung hat mittlerweile als Vorstandsberater sein Büro im dritten Stock des ProfiCamps. Kommt man herein, fällt rechts im Eck direkt ein großes Aktenrondell auf. Falkenhain öffnet den Rolladen. Auf einigen der Ordner stehen die Begegnungen mit genauer Bezeichnung. Turin und Galatasaray sind unter anderem auch dabei, zwei weitere Ziele der internationalen Eintracht-Reisen Anfang der1990er Jahre. „Ich habe schon viel aussortiert oder unserem Museumsleiter Matthias Thoma gegeben“, berichtet Falkenhain. Einmal noch weitergedreht, und da ist er: „Neapel 1994, Achtelfinale UEFA-Cup“. Fein säuberlich sind sämtliche Dokumente abgelegt: Protokolle von Security-Meetings, Übersicht der mitreisenden Journalisten, VIP-Reiseunterlagen, Menükarten aus dem Flugzeug, der Ablaufplan für Staff und Mannschaft, Dokumente über Gastgeschenke, per Hand ausgefüllte Spielberichtsbogen, die Zimmerbelegung und noch vieles mehr. Falkenhain leuchten die Augen. Man merkt, dass er sich stundenlang in die Ordner stürzen und blättern könnte. Erinnerungen kommen hoch, an die Reise, an die sportliche Situation damals, aber auch die Atmosphäre im Stadion, von der er 2014 (hier wäre bei einem Sieg über Porto ein Achtelfinalduell im UEFA-Cup möglich gewesen) und kürzlich jeweils bei der Vorreise ein Update erhalten hat. „Die Stimmung ist speziell, sie haben sehr euphorische Fans“, erzählt Falkenhain. Und sportlich? „Ich habe das 5:1 gegen Juve im Stadion gesehen. Wir haben eine sehr schwere Aufgabe vor uns.“ 

Rainer Falkenhain (61) war rund 30 Jahre Leiter der Lizenzspielerabteilung und arbeitet seit 1985 für Eintracht Frankfurt.