„Als ich Timmy das erste Mal gesehen habe, hat er mir gleich mal einen blöden Spruch um die Ohren gehauen. Da dachte ich direkt: Hier fühle ich mich wohl.“ Jens, Anfang des Jahres hast du deinen Ver- trag bei der Eintracht verlängert. Was war das Besondere an dieser Vertragsverlänge- rung? Ich hatte davor noch eineinhalb Jahre Vertrag. Trotzdem kam Markus Krösche so früh auf mich zu und wollte den Vertrag vorzeitig ver- längern. Das ist natürlich eine riesige Wert- schätzung für mich. Als es zur Unterschrift kam, habe ich alles Revue passieren lassen. Ich habe schließlich für Eintracht Frankfurt meine Heimat verlassen. Dass ich so ein Feedback bekomme, hat mich einfach richtig mitgenom- men. Der größte Punkt für mich war, dass das wahrscheinlich mein letzter Vertrag als Profi gewesen sein wird. Wenn der Vertrag ausge- laufen ist, habe ich 20 Profijahre hinter mir – das ist eine lange Zeit. Da sind bei mir schon ein paar Tränen geflossen. Auch wenn du als etatmäßige Nummer drei nicht viele Einsatzzeiten hast, bist du recht verwachsen mit dem Klub. Was macht für dich denn die Eintracht aus? Schon wie ich aufgenommen wurde, war au- ßergewöhnlich. Es ist klar, dass man bei einem neuen Verein, einem neuen Arbeitgeber, ein bisschen nervös ist. Aber hier war das direkt wie nach Hause zu kommen, wie Familie. Als ich Timmy das erste Mal gesehen habe, hat er mir gleich mal einen blöden Spruch um die Oh- ren gehauen. Da dachte ich direkt: „Hier fühle ich mich wohl“. Das ganze Umfeld, die ganze Region lebt für den Verein. Der ganze Mitarbei- terstab ist wie eine große Familie. Ich fühle mich pudelwohl hier. Man sagt normalerweise, dass der Torwart Nummer drei sehr unzufrieden sei. Bist du der glücklichste dritte Torwart der Welt? Natürlich will man spielen. Aber es ist wichtig, seine Rolle anzunehmen. Es bringt mir nichts, jeden Tag Trübsal zu blasen, sondern ich gebe auf und neben dem Platz das Beste, was ich kann. Man sieht, dass es ganz schnell gehen kann. Ich durfte im vergangenen Jahr einmal ran. Man muss auf alles vorbereitet sein. Na- türlich ist man nicht der Glücklichste als dritter Torwart, aber wenn man seine Rolle akzeptiert und alles dafür gibt, dann muss man an dem Tag, an dem man spielen darf, auch bereit sein. Das mache ich. In Berlin kam dieser Tag im vergangenen Jahr, bei Union. Wir hatten ein extrem an- strengendes, aber auch erfolgreiches Spiel in Barcelona hinter uns, sind müde an die Alte Försterei gefahren und haben dort 0:2 verloren. Dank dir, das muss man sagen, gab es keine Klatsche. Du hattest aus der kalten Hose heraus einige gute Szenen. Wie JENS GRAHL war es für dich, ausgerechnet in so ein Spiel reinzukommen? Das war nach dem Erfolg in Barcelona schwie- rig. Man hat den Jungs angemerkt, dass sie alle platt waren. Blöd gesagt, waren sie wahr- scheinlich auch nicht top motiviert, weil wir in der Europa League einen Schritt weiterge- dacht haben. Ich wurde da einfach ins kalte Wasser geschmissen. Das ist das, was ich vor- hin gesagt habe – dafür trainiert man. Ich habe mich natürlich riesig gefreut. Die Anspannung war da, aber die vergeht mit dem Anpfiff. Vor dem Spiel im Hotel macht man sich noch viele Gedanken, was passieren könnte. Aber das ist natürlich Blödsinn, weil am Ende kommt es so- wieso anders, als man denkt. Mit dem Anpfiff sind die Sorgen vergessen. Jan Zimmermann, unser Torwarttrainer, hat schon mehrfach gesagt, dass du eine sehr positive und professionelle Art hast und dass sich die Jungen an dir anlehnen können. Mit Kevin Trapp hast du einen Tor- wartkollegen, der laut Markus Krösche ak- tuell der beste deutsche Torwart ist. Wür- dest du diese Einschätzung teilen? Würde ich so unterschreiben, ja. Was macht ihn aus deiner Sicht aktuell so stark? Kevin bringt einfach alles mit. Er hält Weltklas- se-Bälle, hat die Persönlichkeit, die ihn auch als Mannschaftsführer auszeichnet. Er ist Vizeka- pitän und dabei ganz wichtig für die Mann- schaft. Für mich ist er einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste, mit dem ich je zusam- menarbeiten durfte. Deswegen bin ich froh, dass wir uns auch so gut verstehen. Er ist ein- fach ein geiler Typ. Du hast mit Torhütern wie Casteels, Lange- rak, Zieler oder Kobel zusammengearbei- tet. Ja, auch mit Tim Wiese und Timo Hildebrand. Das waren alles sehr gute Torhüter. Immer professionell, immer gut drauf, das ist dein Naturell. Auch in schwierigen Situ- ationen voranzugehen und junge Torhüter zu führen. Diant Ramaj ist ein gutes Bei- spiel, das ist ein Junge, der vor Selbstver- trauen strotzt. Musst du den auch manch- mal wieder runterholen? Ich will ihn gar nicht runterholen, das ist seine Art. Manche kommen damit zurecht, manche nicht. Ich komme sehr gut mit ihm zurecht, wir sind beide auch aus derselben Gegend. Wir verstehen uns richtig gut und ich will ihn gar nicht stoppen. Der soll sein Ding machen, da- mit ist er bisher gut gefahren und ich denke, er wird noch für Furore sorgen in den nächsten Jahren. Eintracht vom Main 21