Was macht eigentlich…

…Thomas Ernst? 

Einst ist Thomas Ernst mit Thomas Lasser immer aus Wiesbaden ins Training an den Riederwald gefahren. Kürzlich standen beide gemeinsam für die Traditionsmannschaft auf dem Feld, beim Gedenkspiel für Jürgen Grabowski in Wiesbaden-Biebrich. Ernst und Grabowski haben eine nicht unerhebliche Gemeinsamkeit: Beide wechselten vom FV Biebrich 02 zu Eintracht Frankfurt und verbrachten am Riederwald mehr als ein Jahrzehnt.

Aufgrund seiner besonderen Beziehung zu beiden Vereinen stand der 55-Jährige für beide Mannschaften je eine Halbzeit auf dem Feld. „Ein geiles Gefühl“, schwärmte Ernst am Ende des Spiels. „Ich habe mich richtig darauf gefreut, hier heute ein paar alte Kollegen wiederzutreffen. Zum Beispiel Karl-Heinz Körbel, Alexander Schur, Ervin Skela oder Thomas Lasser“, erzählt Ernst, der durch die Vermittlung von Klaus Gerster bereits im Alter von 13 Jahren zur Eintracht kam – ebenso wie Gerster (wurde Jugendtrainer bei der Eintracht) und Ernsts Alterskollege Andreas Möller (vom BSC Schwarz-Weiß Frankfurt).

Durch Spieler wie Anthony Yeboah, Maurizio Gaudino oder Uwe Bein machte sich die Eintracht mit ihrem zukunftsweisenden Offensivfußball auf dem ganzen Kontinent einen Namen. „Diese super Truppe wurde damals nicht umsonst Fußball 2000 genannt. Uwe war einer der geilsten Kicker, mit denen ich je zusammen gespielt habe.“ Er ist sich allerdings sicher, dass eine gewisse Zutat das Team noch erfolgreicher gemacht hätte: „Wenn die Eintracht diese Stimmung, die heute im Stadtwald herrscht, damals schon gehabt hätte, wäre sie in dieser Zeit nochmal Meister geworden.“ 

„Ich hätte natürlich sehr gerne öfter gespielt. Aber an Uli gab es kein Vorbeikommen.“ – Thomas Ernst –  

Als Thomas Ernst zu den Profis stieß, kam auch der erfahrene Uli Stein zur Eintracht, der im Laufe der Saison 1987/88 Hans-Jürgen Gundelach ablöste. Stein blieb Nummer eins, bis er gegen Ende der Spielzeit 1993/94 suspendiert wurde. Ernst hütete für die verbleibenden vier Partien das Tor, entschied sich aber dann für den Wechsel, als die Verpflichtung des damaligen Nationaltorhüters Andreas Köpke feststand. „Ich hätte natürlich sehr gerne öfter gespielt. Aber an Uli gab es kein Vorbeikommen, und im Jahr darauf wäre es nicht anders gewesen. Ich habe aber immer die Mannschaft über mein eigenes Schicksal gestellt und mitgefiebert. Die Eintracht war ein wichtiges Kapitel in meiner Karriere.“ In der Oberliga-Mannschaft der Eintracht war „Gustl“ unterdessen vier Jahre Stammtorhüter.  

Zu mehr Spielzeit im Oberhaus kam er nach einem Intermezzo bei Zweitligist FSV Frankfurt später beim VfL Bochum, beim VfB Stuttgart und beim 1. FC Kaiserslautern. 100 Bundesligaspiele kamen hier zusammen. Als Teammanager beim FSV kehrte er für eine Saison an den Main zurück, ehe er ab 2008 fast drei Jahre im Vorstand des VfL Bochum die Bereiche Sport und Medien verantwortete. „Ich konnte mit dem Fußball mein Hobby zum Beruf zu machen. Dann ist es sehr schwer, noch einmal etwas Neues zu finden. Allerdings hatte ich das Glück, auch nach der Karriere eine Tätigkeit auszuüben, bei der ich nicht zur Arbeit gehe, sondern viel Spaß habe.“ Seit fünf Jahren ist Thomas Ernst nun als Finanzdienstleister tätig. Dafür hat er sogar die Schulbank gedrückt, verrät er stolz: „Ich habe noch einmal richtig gebüffelt, um meine Zulassungsscheine zu machen. Die habe ich jetzt alle. Als Selbständiger bin ich mein eigener Herr. Das macht mir große Freude.“ 

Gemeinsam mit seiner Familie ist er nach der Vorstandstätigkeit beim VfL in Bochum wohnhaft geblieben. „Wenn mein jüngerer Sohn im nächsten Jahr sein Abitur gemacht hat und irgendwo auswärts studieren sollte, schauen wir mal, was wir machen.“ Ab und zu ist der ehemalige Eintracht-Keeper auch in Berlin zu finden. Sein älterer Sohn Tjark (20) steht dort bei der Hertha unter Vertrag. Im Winter wurde der U20-Nationalspieler aus der zweiten Mannschaft in den Profikader gezogen. Der Name Ernst bleibt dem Profifußball also weiter erhalten.  

Text: Linus Kieser
Fotos: Martin Ohnesorge, imago images