Leute, kauft Sitzschalen!
Hach, die magische SGE muss man einfach gernhaben. Endlich wird das Stadion schwarz-weiß und die ungeliebten blauen Sitzschalen kommen auf den Sitzschalenhaufen der Geschichte. Alle? Nein, natürlich nicht, denn Eintrachtler konnten ihre persönliche Sitzschale käuflich erwerben. Für (Sport-)Vereine, Schulen und soziale Einrichtungen ist das Verkaufsfenster noch bis 31. Mai geöffnet, hier gibt’s einen Sonderpreis. Die Museumsempfehlung: Zugreifen! Du kaufst Dir damit den Sessel, der Dich persönlich mit dem 6:3 von 2003 verbindet. Oder den Sitz, auf dem Du nach dem Einzug in das DFB-Pokalfinale 2006 gestanden hast. Oder gar die harte Schale, auf der Du nach dem Sieg gegen West Ham vor Rührung zusammengesunken bist. Solch ein emotionales Stück Plastik braucht man in seiner Sammlung. Und wenn die Vor-Vor-Väter und -Mütter geschichtsbewusster gewesen wären, wäre die Sitzschalenparade in diesen Kuriositäten nicht lückenhaft. Aber beginnen wir von vorne.
Text: Matthias Thoma
Typ Business25
Fehlt – Business-Bereich 1925: Genau da haben die Altvorderen nicht aufgepasst. Auf diesen wunderschönen Strohsitzen saß man bei der Eröffnung des Waldstadions 1925. Das war wohl ein hochhistorisches Ereignis. Und wer hat einen Sessel aufgehoben? Von Seiten des Stadionbetreibers beziehungsweise der Eintracht keiner. Schlimm. Daher der Aufruf: Wessen Oma hat damals bei der Stadioneröffnung einen Sessel geklaut, der heute im Keller verstaubt? Bring ihn bitte ins Eintracht-Museum!
Typ Loge25
Fehlt – Loge 1925: Da hat auch wieder keiner mitgedacht: Business-Loge 1925. Geräumig, fast abgeschlossen, bester Blick aufs Spielfeld. Nur noch keine Bildschirme an den Seitenwänden. Leider auch für immer verloren ...
Platznummer
Na wenigstens etwas. Im alten Waldstadion, das bis zur WM 1974 stand, gab es schon Platznummern. Die hier ist von der alten Haupttribüne. Wer auf Platz 225 immer saß, ist nicht bekannt. Aber auch von Platz Nummer 225 wurde beispielsweise das 6:1 gegen die Glasgow Rangers verfolgt, damals 1960.
Typ VIP8
Im praktisch neu gebauten Stadion, das zur WM 1974 errichtet wurde, gab es auch einen VIP-Block. Das war der legendäre Block 8. Während das gemeine Volk auf Holz-beziehungsweise Kunststoffbänken Platz nehmen musste, saßen die VIPs auf Einzelklappsitzen. Zwei davon sind erhalten geblieben und stehen heute im Museum. Sie sind übrigens ein Gesamtkunstwerk mit dem Titel „Du hast die Tränen nie gesehn ...“. Na, macht‘s klick??? 16??? 28???. Wer darauf keine Antwort hat, ist kein Fan!
Erst Stadt, dann Riederwald
Und so sahen sie aus, die Kunststoffbänke im alten Stadion. Dieses wunderschöne Stück ist von der Gegentribüne und gleich doppelt historisch. Denn beim Abriss damals nach dem
Spiel gegen Oberhausen hat man eine ganze Menge dieser Bänke gerettet und im alten Riederwaldstadion verbaut. Die Bank 22 war also sowohl Sitz für Bundesligaspiele als auch für die Amateure und den Nachwuchs.
Der berühmteste Gartenstuhl Frankfurts
Vor 25 Jahren war dieser gemütlich Sitz im Stadion ganz hipp. Da durften aber nur ausgewählte Trainer drauf sitzen, und es gab auch nur ein Exemplar. Das ist glücklicherweise auch erhalten geblieben.
Typ Aachen12
Ein wenig beschädigt ist diese Sitzmöglichkeit. Das liegt vermutlich daran, dass darauf mächtig gefeiert wurde. Gelb? Eintracht? Richtig. Diesen Sitz hat eine nette Dame organisiert, die 2012 in Aachen den Aufstieg ausschweifend gefeiert hat und in der ganzen Euphorie noch ans Museum gedacht hat.
Typ Strasbourg19
Das ist ein „Ergänzungs-VIP-Platz“. Man nehme einen ganz normalen Plastik-Schalensitz, stülpe eine gemütliche Stoff-Husse drüber – und verkaufe das Ganze als „Ergänzungs-VIP-Platz“. Gesehen, bewundert und gesichert in Straßburg 2019 beim Qualifikationsspiel zur Europa League 2019/20.
Typ Sevilla22
Beim Anblick dieser wunderschönen Sitzmöglichkeit kriegt man gleich mächtig Durst – und Pipi in die Augen. Das Prachtexemplar stammt aus Sevilla, ist noch nicht mal ein Jahr in Frankfurt und kam auf verschlungenen Wegen ins Museum. Übrigens hat die Mannschaft nach dem Europapokalsieg auch einen Sitz mitgenommen. Der wurde aber am Flughafen von den strengen spanischen Behörden konfisziert, weil er Eigentum des FC Sevilla sei.
Bei so vielen Sitzen stellt sich die Frage ja gar nicht mehr, ob man sich seinen blauen Schalensitz des Stadions organisieren soll. Also, nix wie bestellen! Diesen freundlichen Rat gibt Dir Dein Lieblings-Eintracht-Museum.