Markus, wie bewertest du die gesamte Sai- son 2022/23? Mit dem Supercup in Helsinki hatten wir direkt zu Beginn ein echtes Highlight, anschließend haben wir zur Saisoneröffnung gegen die Bay- ern richtig einen abbekommen. Doch in der Folge haben wir es gut gemacht, phasenweise richtig guten Fußball gespielt. Nach der Auf- taktniederlage in der Champions League ha- ben wir uns in die Gruppe reingekämpft, uns immer wieder gesteigert und verdient das Ach- telfinale erreicht. Aus der Winterpause sind wir eigentlich gut rausgekommen, haben dann aber in der Rückrunde zu wenig Punkte geholt und nicht mehr so guten Fußball gezeigt – über 90 Minuten die Leistung auf den Platz zu brin- gen. Das lief nicht so, wie wir uns das vorge- stellt hatten. Im Pokal haben wir indes den Fi- naleinzug geschafft und zum Glück in der Liga durch einen Kraftakt auch noch den Sprung auf einen internationalen Platz. Was die Bun- desligasaison angeht, hätten wir uns im Gro- ßen und Ganzen nach der Hinrunde deutlich mehr erwartet, das war ärgerlich, aber wir sind auch kommende Saison international dabei. Welches waren deine persönlichen Highlights? Das Rückspiel in Lissabon, als es in unserer Gruppe zwischenzeitlich so eng war, dass man mal drin, mal raus und bis zur 95. Minute, als Tottenham noch traf, sogar Erster war – das war Drama, was wir bei der Eintracht öfters mal erleben. Zum Glück ist es gut ausgegan- gen. Sicherlich das Highlight-Spiel. Aber auch der Einzug ins DFB-Pokalfinale in Stuttgart – in der ersten Halbzeit haben wir gar nicht gut ge- spielt, haben dann aber mit Willen und Leiden- schaft die Partie noch gedreht. Was war für dich am herausforderndsten? Es war eine sehr intensive Saison mit vielen Höhen, aber auch Tiefen – so ist es aber eigent- lich immer. Die Entscheidung, den Weg mit Oliver nicht mehr weiterzugehen, war sehr schwierig. Weil wir sehr erfolgreiche Zeiten ge- meinsam hatten, Oliver ein richtig guter Trai- ner ist und wir uns gut verstanden und gut zusammengearbeitet haben. Wichtig ist, dass man in solchen Phasen die Ruhe behält, den eingeschlagenen Weg weiterverfolgt und sich auch immer wieder selbst überprüft, ob das, was man tut, immer noch richtig ist. Man muss sich treu bleiben, und das haben wir geschafft. Wie sexy ist die UEFA Europa Conference League? Es sind viele gute Mannschaften dabei, ein in- teressanter Wettbewerb. Wir werden nun zu- sehen, dass wir die Qualifikation überstehen. Das werden sicherlich keine einfachen Spiele. Unser Ziel ist es, so weit wie möglich zu kom- men und das Maximale zu erreichen. Wir alle und auch unsere Fans werden diesen Wettbe- werb genauso annehmen wie jeden anderen auch. Das ist wichtig, und das machen wir bei der Eintracht auch so. Du möchtest den Spielstil sowie die Art und Weise, wie Eintracht Frankfurt Fußball spielen will, weiterentwickeln. Was erwar- test du? Was uns vor allem in der Hinrunde ausgezeich- net hat, war es, immer wieder nach vorne zu spielen und zu versuchen, viele Tore zu erzie- len. Natürlich brauchen wir immer eine Balan- ce zwischen Offensive und Defensive, aber das Spiel nach vorne ist einer der Schwerpunkte. „Frisches Blut in eine Gruppe zu bekommen, junge, unbekümmerte Spieler, ist wichtig. Spieler, die Bundesliga lieben, für die die Bundesliga ein Highlight ist und die für Eintracht Frankfurt spielen wollen.“ Wenn ich ein Spiel bewerte, dann sehe ich das Ergebnis sowie die Art und Weise – und das Entscheidende für mich ist die Art und Weise. Wir wollen offensiven und mutigen Fußball spielen. Nicht Wildwest, immer mit der not- wendigen Kontrolle. Dafür brauchen wir Spie- ler, die mutig sind und bestimmte Fähigkeiten haben – eine gute Mischung aus Physis und Technik, natürlich auch Geschwindigkeit. In ge- wissen Bereichen müssen wir uns weiterent- wickeln, weil sich die Anforderungen an uns sowie die Wahrnehmung von uns verändert haben. Was der neue Trainer haben wird, ist ein Kern von vielen erfahrenen Spielern: Rode, Trapp, Chandler, Hasebe sowie Götze, des- sen Vertragsverlängerung auch ein Erfolg in dieser Saison war. Wie wichtig ist das Faustpfand, solche Führungsfiguren zu haben? Das ist extrem wichtig! Man kann nicht nur mit jungen, aber auch nicht nur mit erfahrenen Spielern spielen. Es kommt auf die Mixtur an, eine gute Balance. Wir haben eine sehr erfah- rene Achse, die sowohl für die jungen Spieler, aber auch für einen neuen Trainer ein Anker sein kann. Apropos junge Spieler: Paxten Aaronson hat eine gute Entwicklung gezeigt, und auch die bereits feststehenden Neuzugän- ge Hugo Larsson, Willian Pacho und Omar Marmoush versprechen viel Frische. Das klingt alles sehr spannend. Frisches Blut in eine Gruppe zu bekommen, junge, unbekümmerte Spieler, ist wichtig. Spie- ler, die Bundesliga lieben, für die die Bundes- liga ein Highlight ist und die für Eintracht Frankfurt spielen wollen. Die sich einfach wei- terentwickeln wollen. Paxten hat seine nächs- ten Schritte deutlich schneller gemacht als er- wartet, das hat er sehr gut gemacht. Mit Larsson und Pacho bekommen wir zwei sehr talentierte Spieler hinzu, die aber auch ihre Zeit brauchen werden. Marmoush hat zwar schon viele Bundesligaspiele, ist aber auch noch sehr jung. Ich freue mich auf die Jungs. Eine Personalie, die ganz Frankfurt be- schäftigt: Randal Kolo Muani. Welche Sze- narien sind möglich? Er hat eine sehr gute Entwicklung genommen. Er hat bei der WM viel Einsatzzeit erhalten, hat gerade in der Rückrunde viele Tore erzielt und ist ein sehr wichtiger Spieler für uns. Da ist es normal, dass solch ein Spieler das Interesse großer Klubs weckt. Wir wollen ihn aber gar nicht verkaufen, er passt zu uns und fühlt sich hier sehr wohl. Wir müssen sehen, wie sich die kommenden Wochen und Monate entwickeln, aber unser Ziel ist es, ihn nicht zu verkaufen. Auch für die Eintracht Frauen sowie die U21 war es eine erfolgreiche Saison. Die Frauen sind für die UEFA Women’s Cham- pions League qualifiziert, die U21 ist aufgestiegen. Das Qualifikationsturnier zur Champions League hatten wir schon vergangene Saison erreicht, aber diesmal deutlich dominanter. Wir haben eine gute Entwicklung hinter uns, auch was die Professionalisierung angeht – und da werden wir die Rahmenbedingungen weiter verbessern, etwa in der medizinischen Abteilung oder bezüglich Ernährung. Nun wol- len wir diesmal das Qualifikationsturnier über- stehen und in die Champions-League-Grup- penphase kommen. Zudem weiter Talente ausbilden. Wie auch im Nachwuchsleistungszentrum, dort haben wir ebenfalls ein außergewöhnli- ches Jahr hinter uns. Direkt im ersten Jahr ha- ben wir die Gruppenphase der UEFA Youth League überstanden, teils mit vielen jungen Spielern gespielt, und sind mit der neu gegrün- deten U21 sehr schnell aufgestiegen – auch hier mit sehr vielen jungen Spielern, das ist su- per. Man sieht, wie wichtig es ist, diesen Weg weiterzugehen und die Jungs heranzuführen. Dennoch haben wir noch einige Themen, die wir verbessern müssen. Eintracht vom Main 43