„Offensiven und mutigen Fußball spielen“
Sportvorstand Markus Krösche bilanziert die zurückliegende Saison, skizziert den Weg und den Fußball, den die Eintracht gehen und spielen will, und blickt auf das Transferfenster.
Interview: Marc Hindelang
Markus, wie bewertest du die gesamte Saison 2022/23?
Mit dem Supercup in Helsinki hatten wir direkt zu Beginn ein echtes Highlight, anschließend haben wir zur Saisoneröffnung gegen die Bayern richtig einen abbekommen. Doch in der Folge haben wir es gut gemacht, phasenweise richtig guten Fußball gespielt. Nach der Auftaktniederlage in der Champions League haben wir uns in die Gruppe reingekämpft, uns immer wieder gesteigert und verdient das Achtelfinale erreicht. Aus der Winterpause sind wir eigentlich gut rausgekommen, haben dann aber in der Rückrunde zu wenig Punkte geholt und nicht mehr so guten Fußball gezeigt – über 90 Minuten die Leistung auf den Platz zu bringen. Das lief nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Im Pokal haben wir indes den Finaleinzug geschafft und zum Glück in der Liga durch einen Kraftakt auch noch den Sprung auf einen internationalen Platz. Was die Bundesligasaison angeht, hätten wir uns im Großen und Ganzen nach der Hinrunde deutlich mehr erwartet, das war ärgerlich, aber wir sind auch kommende Saison international dabei.
Welches waren deine persönlichen Highlights?
Das Rückspiel in Lissabon, als es in unserer Gruppe zwischenzeitlich so eng war, dass man mal drin, mal raus und bis zur 95. Minute, als Tottenham noch traf, sogar Erster war – das war Drama, was wir bei der Eintracht öfters mal erleben. Zum Glück ist es gut ausgegangen. Sicherlich das Highlight-Spiel. Aber auch der Einzug ins DFB-Pokalfinale in Stuttgart – in der ersten Halbzeit haben wir gar nicht gut gespielt, haben dann aber mit Willen und Leidenschaft die Partie noch gedreht.
Was war für dich am herausforderndsten?
Es war eine sehr intensive Saison mit vielen Höhen, aber auch Tiefen – so ist es aber eigentlich immer. Die Entscheidung, den Weg mit Oliver nicht mehr weiterzugehen, war sehr schwierig. Weil wir sehr erfolgreiche Zeiten gemeinsam hatten, Oliver ein richtig guter Trainer ist und wir uns gut verstanden und gut zusammengearbeitet haben. Wichtig ist, dass man in solchen Phasen die Ruhe behält, den eingeschlagenen Weg weiterverfolgt und sich auch immer wieder selbst überprüft, ob das, was man tut, immer noch richtig ist. Man muss sich treu bleiben, und das haben wir geschafft.
Wie sexy ist die UEFA Europa Conference League?
Es sind viele gute Mannschaften dabei, ein interessanter Wettbewerb. Wir werden nun zusehen, dass wir die Qualifikation überstehen. Das werden sicherlich keine einfachen Spiele. Unser Ziel ist es, so weit wie möglich zu kommen und das Maximale zu erreichen. Wir alle und auch unsere Fans werden diesen Wettbewerb genauso annehmen wie jeden anderen auch. Das ist wichtig, und das machen wir bei der Eintracht auch so.
Du möchtest den Spielstil sowie die Art und Weise, wie Eintracht Frankfurt Fußball spielen will, weiterentwickeln. Was erwartest du?
Was uns vor allem in der Hinrunde ausgezeichnet hat, war es, immer wieder nach vorne zu spielen und zu versuchen, viele Tore zu erzielen. Natürlich brauchen wir immer eine Balance zwischen Offensive und Defensive, aber das Spiel nach vorne ist einer der Schwerpunkte. Wenn ich ein Spiel bewerte, dann sehe ich das Ergebnis sowie die Art und Weise – und das Entscheidende für mich ist die Art und Weise. Wir wollen offensiven und mutigen Fußball spielen. Nicht Wildwest, immer mit der notwendigen Kontrolle. Dafür brauchen wir Spieler, die mutig sind und bestimmte Fähigkeiten haben – eine gute Mischung aus Physis und Technik, natürlich auch Geschwindigkeit. In gewissen Bereichen müssen wir uns weiterentwickeln, weil sich die Anforderungen an uns sowie die Wahrnehmung von uns verändert haben.
„Frisches Blut in eine Gruppe zu bekommen, junge, unbekümmerte Spieler, ist wichtig. Spieler, die Bundesliga lieben, für die die Bundesliga ein Highlight ist und die für Eintracht Frankfurt spielen wollen.“ – Markus Krösche –
Was der neue Trainer haben wird, ist ein Kern von vielen erfahrenen Spielern: Rode, Trapp, Chandler, Hasebe sowie Götze, dessen Vertragsverlängerung auch ein Erfolg in dieser Saison war. Wie wichtig ist das Faustpfand, solche Führungsfiguren zu haben?
Das ist extrem wichtig! Man kann nicht nur mit jungen, aber auch nicht nur mit erfahrenen Spielern spielen. Es kommt auf die Mixtur an, eine gute Balance. Wir haben eine sehr erfahrene Achse, die sowohl für die jungen Spieler, aber auch für einen neuen Trainer ein Anker sein kann.
Apropos junge Spieler: Paxten Aaronson hat eine gute Entwicklung gezeigt, und auch die bereits feststehenden Neuzugänge Hugo Larsson, Willian Pacho und Omar Marmoush versprechen viel Frische. Das klingt alles sehr spannend.
Frisches Blut in eine Gruppe zu bekommen, junge, unbekümmerte Spieler, ist wichtig. Spieler, die Bundesliga lieben, für die die Bundesliga ein Highlight ist und die für Eintracht Frankfurt spielen wollen. Die sich einfach weiterentwickeln wollen. Paxten hat seine nächsten Schritte deutlich schneller gemacht als erwartet, das hat er sehr gut gemacht. Mit Larsson und Pacho bekommen wir zwei sehr talentierte Spieler hinzu, die aber auch ihre Zeit brauchen werden. Marmoush hat zwar schon viele Bundesligaspiele, ist aber auch noch sehr jung. Ich freue mich auf die Jungs.
Eine Personalie, die ganz Frankfurt beschäftigt: Randal Kolo Muani. Welche Szenarien sind möglich?
Er hat eine sehr gute Entwicklung genommen. Er hat bei der WM viel Einsatzzeit erhalten, hat gerade in der Rückrunde viele Tore erzielt und ist ein sehr wichtiger Spieler für uns. Da ist es normal, dass solch ein Spieler das Interesse großer Klubs weckt. Wir wollen ihn aber gar nicht verkaufen, er passt zu uns und fühlt sich hier sehr wohl. Wir müssen sehen, wie sich die kommenden Wochen und Monate entwickeln, aber unser Ziel ist es, ihn nicht zu verkaufen.
Auch für die Eintracht Frauen sowie die U21 war es eine erfolgreiche Saison. Die Frauen sind für die UEFA Women’s Champions League qualifiziert, die U21 ist aufgestiegen.
Das Qualifikationsturnier zur Champions League hatten wir schon vergangene Saison erreicht, aber diesmal deutlich dominanter. Wir haben eine gute Entwicklung hinter uns, auch was die Professionalisierung angeht – und da werden wir die Rahmenbedingungen weiter verbessern, etwa in der medizinischen Abteilung oder bezüglich Ernährung. Nun wollen wir diesmal das Qualifikationsturnier überstehen und in die Champions-League-Gruppenphase kommen. Zudem weiter Talente ausbilden.
Wie auch im Nachwuchsleistungszentrum, dort haben wir ebenfalls ein außergewöhnliches Jahr hinter uns. Direkt im ersten Jahr haben wir die Gruppenphase der UEFA Youth League überstanden, teils mit vielen jungen Spielern gespielt, und sind mit der neu gegründeten U21 sehr schnell aufgestiegen – auch hier mit sehr vielen jungen Spielern, das ist super. Man sieht, wie wichtig es ist, diesen Weg weiterzugehen und die Jungs heranzuführen. Dennoch haben wir noch einige Themen, die wir verbessern müssen.