Das ist Lok Leipzig 

Ein Endspiel in Athen, drei Mal Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger. Stepi, Tony Woodcock, ein früherer Adlerträger an der Spitze und eine lange Klubhistorie. Elf Fakten und Geschichten über Eintrachts Erstrundengegner im DFB-Pokal, den 1. FC Lok Leipzig. 

Erster Deutscher Meister

Die Geschichte des Traditionsklubs ist von Umbenennungen, Auflösungen und Fusionen geprägt. Der Ursprung des 1. FC Lokomotive Leipzig liegt bei einer Gruppe Leipziger Schüler und Studenten, die sich 1893 zunächst Sportbrüder nannten, ehe sie 1896 den VfB Leipzig gründeten. Schließlich durften sie sich wenige Jahre später sogar erster Deutscher Fußballmeister nennen. 1903 waren die Spieler des VfB die ersten der DFB-Geschichte, die den Siegerpokal Victoria in den Händen hielten. Zwei weitere Meisterjahre (1906/1913) sollten folgen, im Januar 1937 ergatterte der VfB auch den DFB-Pokal der Saison 1935/36. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbot die sowjetische Besatzungsmacht alle ehemaligen Sportvereine samt Traditionsnamen aufgrund ihrer Vergangenheit im Dritten Reich. Eine Wiederbelebung des VfB Leipzig war somit lange Zeit nicht in Sicht.

Die goldenen Achtziger

BSG Erich Zeigner, BSG Einheit Leipzig Ost, SC Rotation, SC Lokomotive – es gab einige 1954 gegründete Bezirksportklubs in Leipzig. Aus Rotation und Lokomotive wurde der SC Leipzig, der ab dem 20. Januar 1966 1. FC Lokomotive Leipzig heißen sollte. Als FCL gelangen erste internationale Erfolge. Man besiegte 1966 im Messestädte-Pokal Benfica Lissabon rund um WM-Torschützenkönig Eusebio, erreichte 1974 das Halbfinale im UEFA-Cup und musste sich dort erst Tottenham Hotspur geschlagen geben, dem späteren Finalisten. Sportlich gesehen begann hiermit die ertragreichste Zeit der Vereinsgeschichte. 1976 gelang Lok erstmals der Gewinn im FDBG-Pokal (Bild: Finale gegen Dresden), der ranghöchste Pokalwettbewerb der damaligen DDR. 1981, 1986 und 1987 wiederholte man das Kunststück und qualifizierte sich abermals für den Europacup. 

Europacup-Finale in Athen

Das Jahr 1987 wird man aus Lok-Perspektive wohl nie vergessen. Im Europokal der Pokalsieger ließen die Leipziger Glentoran Belfast, Rapid Wien, den FC Sion und Girondins Bordeaux hinter sich und zogen ins Finale gegen Ajax Amsterdam ein. In Athen trafen die Sachsen nun auf Namen wie Siegtorschütze Marco van Basten (siehe Bild), Frank Rijkaard und Jan Wouters, die ein Jahr später mit den Niederlanden Europameister werden sollten. Leipzig unterlag knapp mit 0:1. Beeindruckend: Beim Halbfinale gegen Bordeaux stürmten 110.000 Zuschauer ins Stadion. Eine Saison später beendeten Diego Maradona und die SSC Napoli die europäischen Sternstunden der Blau-Gelben.

Geballte Offensivpower

Die vergangene Saison war für die „Loksche“ grundsolide. Mit Djamal Ziane (Bild) stellte Lok den Top-Torjäger der abgelaufenen Saison in der Regionalliga Nordost. 18 Mal traf er, jüngst verlängerte der 31-jährige Publikumsliebling seinen Vertrag. Übrigens: Osman Atilgan (Vertrag lief aus, aktuell vereinslos) und Sascha Pfeffer (beendete seine Karriere als Profifußballer) waren mit je zwölf Treffern ebenfalls in den Top Ten zu finden. 

Insolvenz und Wiederaufbau

1991 nannte sich der 1. FC Lokomotive Leipzig um, zurück zu den Wurzeln: Der VfB Leipzig war wieder da. Fußball spielten die Sachsen zunächst weiterhin auf gehobenem Niveau. Als erste Mannschaft aus der ehemaligen DDR stieg der VfB nach der Saison 1992/93 in die Bundesliga auf und kreuzte auch mit der Eintracht die Klingen (im Bild Uwe Bein), ehe der direkte Wiederabstieg und der langsame Weg in die Bedeutungslosigkeit folgten. 2004 war dann aber Schluss mit dem Spielbetrieb beim VfB, der Klub stellte einen Insolvenzantrag. Zeitgleich gründeten 13 Fans den 1. FC Lok am 10. Dezember 2003 neu, fusionierten mit dem VfB und übernahmen die erfolgreichen Jugendmannschaften des Klubs. Die erste Mannschaft hingegen startete in der niedrigsten Liga, der 3. Kreisklasse, marschierte bis in die Oberliga durch und spielt seit 2016 ununterbrochen in der Regionalliga Nordost.

Das „Bruno“ 

Einst feierte das Bruno-Plache-Stadion seine Eröffnung vor 50.000 Zuschauern. Es hieß 1922 noch Probstheidaer Stadion und war als größtes vereinseigenes Stadion Deutschlands Schauplatz der Leipziger 2:3-Niederlage gegen den Hamburger SV. Aus Sicherheitsgründen wurde die Zuschauerzahl im Laufe der Jahre reduziert, zwischen 1992 und 1995 musste Lok die eigenen vier Tribünen deswegen sogar verlassen. Imponierend: Die 1932 ausgebaute und überdachte Holztribüne ist weitestgehend noch heute in Betrieb. Seit 1949 trägt es den Namen des ehemaligen Leichtathleten und Direktors des Leipziger Sportamts Bruno Plache. 

Woodcocks schwerer Start 

Von Juli 2001 bis Mai 2002 war Tony Woodcock Sportdirektor von Eintracht Frankfurt. Der 42-fache Nationalspieler Englands war davor jedoch bei drei Vereinen als Trainer aktiv: SC Fortuna Köln, SC Brück und 1994 beim VfB Leipzig. Es war das schwere Jahr nach dem direkten Wiederabstieg aus der Bundesliga. Im Unterhaus des deutschen Fußballs begann die Saisonalles andere als rosig, bereits nach drei Monaten und nur sieben Spielen war für Woodcock Schluss.

Ex-Adlerträger ist Lok-Präsident

Torsten Kracht ist eine echte Legende bei den Gelb-Blauen. Mit Lok wurde er zweimal DDR- Pokalsieger, war in den Achtzigern Teil des Teams, das sich mit Ajax Amsterdam im Finale des Europokals der Pokalsieger duellierte – kam dabei aber nicht zu einem Einsatz. Von 1999 bis 2001 war Kracht Spieler von Eintracht Frankfurt. „Eine chaotische Zeit“, erinnert er sich 2021 in einem Interview mit der Redaktion. „Die Ziele waren immer hoch. Das ging aber nach hinten los, in meinem zweiten Jahr sind wir sogar abgestiegen. Insgesamt war es aber eine wilde Zeit mit vielen coolen Typen wie Jan Aage Fjörtoft, Uwe Bindewald und Alex Schur“. Seit Januar 2021 war Kracht Sportvorstand und Vizepräsident bei seinem Stammverein, kürzlich wurde er zum Präsident gewählt.

Sachsenpokalsieger

Der 1. FC Lok Leipzig will zurück ins Profigeschäft. Das langjährige Ziel Dritte Liga verfehlte der Klub in der abgelaufenen Saison jedoch erneut. Leipzig schloss die Saison 2022/23 auf Tabellenplatz vier in der Regionalliga Nordost ab. Dafür gewann Lok den Sachsenpokal, siegte im Finale gegen den Chemnitzer FC mit 3:0 und löste somit das Ticket für den DFB-Pokal in der neuen Saison. Unser Bild zeigt die Ansprache von Trainer Almedin Civa nach dem Erfolg im heimischen Stadion.

Wie der Vater, so der Sohn

Tomislav Piplica ist dem ein oder anderen Fußballromantiker noch bekannt. Als Torhüter machte er sich beim damaligen Bundesligisten Energie Cottbus einen Namen, unvergessen bleibt das legendäre Kopfballeigentor gegen Borussia Mönchengladbach. Bei Lok Leipzig heuert er in der kommenden Saison als Torwarttrainer an, sein Sohn Zak Paulo spielt seit 2020 dort und gilt als Leistungsträger. Selbstverständlich trägt er wie sein Vater den Spitznamen „Pipi“.

Stepis Intermezzo 

Im Mai 1992 stand Kulttrainer Dragoslav Stepanovic als Cheftrainer von Eintracht Frankfurt an der Seitenlinie der Adlerträger und verpasste die Deutsche Meisterschaft nur ganz knapp. Die Umstände sind in Hessen bekannt, deutlich unbekannter ist dafür Stepis Intermezzo in Sachsen – genauer: beim VfB Leipzig. Sechs Monate coachte der damals 50-Jährige den VfB, von März bis August 1999. Unter Stepanovic wurde Leipzig Zweiter, den Aufstieg verpasste man knapp. Sieben Punkte aus fünf Spielen waren in der neuen Saison zu wenig. Einen Tag vor seinem 51. Geburtstag wurde der Serbe entlassen.