Viele Wünsche, große Vorfreude
Nach und nach starten die Teams des Nachwuchsleistungszentrums in die neue Spielzeit. Im Interview gibt NLZ-Leiter Alexander Richter Einblicke und spricht unter anderem über die anstehende Saison, die Philosophie und darüber, warum Eintracht-Fans unbedingt an den Riederwald kommen sollten.
Wir stehen zwar vor der Spielzeit 2023/24, aber lass uns vorher noch einmal zurückblicken, denn 2022/23 war deine erste volle Saison als NLZ-Leiter bei Eintracht Frankfurt. Wie fällt dein Fazit aus?
Es war, unter anderem mit dem Aufstieg der U21 und einem Fast-Abstieg der U19, eine sehr intensive Saison. Wir haben trotzdem versucht, den Fokus in jedem Jahrgang auf die individuelle Entwicklung der Spieler zu legen. Aber natürlich entwickeln sich die Jungs in einer erfolgreichen Mannschaft besser als in einem Team, das jedes Wochenende um den Klassenerhalt spielt. Deswegen müssen wir im Blick behalten, dass wir die Qualität der Spieler insgesamt erhöhen. Da sind wir momentan auf einem guten Weg, von daher machen wir unter die vergangene Saison auch gerne einen Strich. Jetzt werden wir gucken, dass wir immer besseren Fußball spielen und vor allem jeden Einzelnen in seiner Qualität noch besser machen. Das ist unser klarer Fokus.
Wie groß ist deine persönliche Vorfreude auf die neue Spielzeit?
Da ich selbst einige Tage in Oberstaufen in den Trainingslagern der unterschiedlichen Jahrgänge verbracht habe, muss ich erst einmal sagen: ein großes Dankeschön an die Teams. Die Trainingslager sind immer eine sehr intensive Zeit. Man hat eine weite Anreise, dann die Spiele vor Ort, ganz viele Trainingseinheiten und insgesamt sehr viel Kommunikation und Austausch zu bewältigen. Alle Beteiligten sind dort mit 120-prozentigem Einsatz dabei und geben jeden Tag Vollgas. Wir freuen uns jetzt auf Wettkampfspiele, in denen wir unseren dynamischen, zielorientierten Ballbesitzfußball umsetzen können. Es wird eine spannende Saison, die Vorfreude ist groß.
Wenn du für die neue Saison einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Fußballplätze. Ich habe grundsätzlich ganz viele Wünsche und wir können hier noch viel weiterentwickeln, aber die Infrastruktur steht aktuell über allem. Um Topspieler auszubilden, müssen auch die Fußballplätze und die Bedingungen top sein. Da sind Dinge angestoßen und ich hoffe auf eine schnelle Umsetzung.
Du hast es bereits angesprochen: Der Fokus im Jugendfußball, die Tendenz gibt es schon länger, rückt immer weiter weg vom reinen Ergebnis in Richtung der individuellen Talententwicklung. Was bedeutet das eigentlich und wieso ist die Ausbildung so wichtig?
Das Wichtige ist, den Spagat zwischen unserem Staff und den Spielern hinzukriegen. Wir sagen natürlich keinem der Jungs, dass er auf den Platz gehen soll und das Ergebnis im Endeffekt egal ist. Die Spieler müssen gallig und gierig sein, sie sollen jedes Spiel gewinnen wollen. Und dann müssen wir Ausbilder ihre Leistung einordnen und fragen, was der Spieler noch braucht, damit er besser wird und wir ihn zum Profifußballer machen können. Diese Waage müssen wir im NLZ im Gleichgewicht halten. Da geht es für uns in der Ausbildung nicht in erster Linie darum, dass am Wochenende Spiele gewonnen werden. Aber am Ende steht natürlich nicht nur die individuelle Ausbildung auf und neben dem Platz im Fokus, denn jeder Spieler muss auch in ein mannschaftliches Gefüge integriert werden können. Wenn einer hier nicht teamfähig ist, dann wird er Probleme haben, unabhängig von seinem Können oder Talent. Wir müssen die Stärken der Jungs in die Mannschaft übertragen, weil Fußball immer ein Mannschaftssport bleiben wird. Das „Gewinnenwollen“ und die Entwicklung der Spieler schließt sich ja nicht gegenseitig aus.
Kann man daraus also schlussfolgern: Je besser die individuelle Ausbildung, desto leichter kommt das positive Ergebnis?
So ist es. Wenn die Spielerqualität über individuelles Training, aber genauso die Qualität der Trainer, insgesamt gut sind, wird das zwangsläufig zu guten Ergebnissen führen. Da bin ich mir sehr sicher.
Seit dem 1. Juli haben wir einen Trainerentwickler angestellt. Warum investiert der Verein nicht nur in die Ausbildung der Spieler, sondern auch in die der Trainer?
Die Verbindung zwischen den Trainern und den Spielern ist signifikant und empirisch nachweisbar. Wir brechen es simpel herunter: Je besser der Trainer, desto besser die Spieler. Deswegen bin ich sehr froh, dass Alex Reifschneider jetzt hier ist. Er ist Fußballlehrer, hat beim DFB viele Erfahrungen in der Trainerentwicklung gesammelt und war auch selbst schon Trainer, zum Beispiel in Ingolstadt. Ich lege sehr viel Wert auf die Art und Weise des Umgangs miteinander, da ist er genau der Richtige in dieser Position und wir stehen im regen Austausch. Die Kompetenzen eines Trainers kann man während des Trainings und natürlich im Spiel erkennen, wir wollen diese Kompetenzen gemeinsam definieren und verbessern. Unsere Trainings- und Spielprinzipien haben wir gemeinsam mit unseren Trainern festgelegt, diese sollen nun natürlich von ihnen umgesetzt werden. Auch hier setzt Alex Reifschneider an, bespricht viele verschiedene Themen mit den Trainerteams, wie zum Beispiel die Umsetzung unserer Prinzipien in den verschiedenen Phasen eines Spiels. Ich glaube, da sind wir auf einem echt guten Weg. Es ist klar, dass die Trainer ihre Freiheiten brauchen, aber wir setzen als NLZ auch Leitplanken in der inhaltlichen Struktur. Hier ist Alex Reifschneider wichtig in der Begleitung unserer Trainer.
Blicken wir auf die konkreten Teams der neuen Saison. Die U21 ist aufgestiegen, spielt jetzt in der Regionalliga. Was erwartest du von einem jungen Team, wie die U21 es ist?
Ich erwarte von Woche zu Woche eine Weiterentwicklung. Wir werden Spiele gewinnen, wir werden Spiele verlieren, aber ich möchte im Training sehen, dass individuell gearbeitet wird. In der U21 sind Spieler, die ein riesiges Potential haben. Sie müssen entwickelt und nicht nur jede Woche auf den nächsten Gegner vorbereitet werden. Das ist natürlich der Job des ganzen Staffs, an erster Stelle des Trainerteams. Und dann erwarte ich eben genau dort, dass zielorientierter Ballbesitzfußball umgesetzt wird. Natürlich gibt es Partien, da spielt unsere junge Truppe gegen welche, die im Durchschnitt 28 sind und die Jungs dementsprechend eher hinten reingedrückt werden. Da hast du dann vielleicht auch mal eine Umschaltphase, in der du schnell kontern musst, aber es ist wichtig, dass immer wieder versucht wird, in Ballbesitz zu kommen und das Spiel zu bestimmen. Wenn man sich die Partien anschaut, muss es einfach Spaß machen, zuzuschauen.
„Das Wichtige ist, den Spagat zwischen unserem Staff und den Spielern hinzukriegen“ – Alexander Richter –
Wie in der vergangenen Saison wurden bereits Spieler aus der U19 hochgezogen, die noch in der A-Junioren-Bundesliga spielen könnten. Wie wichtig ist das in diesem Prozess und in der Entwicklung potenzieller Profis?
Das ist fundamental wichtig. Auch hier ist statistisch nachgewiesen, dass bei Spielern, die mit einer entsprechenden Qualität ausgestattet sind und in einem Alter von 16 oder 17 Jahren schon Herrenfußball spielen, die Wahrscheinlichkeit viel höher ist, im Profibereich Fuß zu fassen. Also zum Beispiel bei der Eintracht im Stadion zu spielen oder wenn das noch zu hoch ist, in der Ersten oder Zweiten Liga bei einem anderen Verein. Das würde für unsere Ausbildung am Riederwald sprechen. Das größte Ziel ist natürlich der eigene Klub, aber wenn man das nicht schafft, weil Eintracht Frankfurt auch eine große Qualität bei den Profis hat, dann schafft man es vielleicht woanders.
Wie ist der Ausblick auf die kommende Saison der U19 und U17?
In beiden Jahrgängen gibt es viele spannende Spieler, die Spaß machen, unabhängig davon, wie wir in den Ligen starten. Wir haben bei den B-Junioren sechs Spieler mit Geburtsjahr 2008, also sechs Jung-Jahrgänge, von denen zum Beispiel im ersten Meisterschaftsspiel gegen Mainz gleich fünf in der Startelf gestanden haben. Die haben schon im Trainingslager einen richtig guten Eindruck gemacht. Natürlich sollen die Jungs sich dort schon behaupten, aber wenn sie mal ein Tief haben, wissen sie, dass sie jederzeit in der U16 Spielpraxis sammeln können, die ist in dem Alter nämlich das Wichtigste. Und übrigens ist es auch ganz normal, wenn man als junger Mensch mal eine Phase hat, wo es nicht so läuft. Das Gleiche gilt für die Spieler in der U19, in der vielversprechende Talente sind. Aber sie müssen lernen, Widerstände zu überwinden. Weglaufen vor schwierigen Phasen ist keine Option.
Bei den NLZ-Teams am Riederwald können die Zuschauerinnen und Zuschauer kostenfrei zugucken. Warum sollten Eintracht-Fans auch mal an den Riederwald kommen?
Wir, also sowohl der Staff als auch die Spieler, würden sich wirklich sehr darüber freuen, wenn die Tribüne dieses altehrwürdigen Stadions bei den Spielen der U17 und U19 mal wieder voller wäre. Auch bei den jüngeren Mannschaften, weil die bereits richtig gut spielen. Wenn man den reinen und puren Fußball sehen will, muss man sich die U9, U10 und U11 angucken. Da geht es richtig zur Sache und man kann beobachten, wie die Kinder ausgebildet sind und was sie in ihren jungen Jahren schon können. Ich fände das richtig schön, wenn wir ein paar mehr Zuschauerinnen und Zuschauer hätten!