Das Design der Liga

Mensch, das gab Tränen. Tausende Eintrachtler haben in Sevilla nicht nur ob des Titelgewinns geweint. Nein, sie waren tieftraurig, weil sie sich das Ticket vom Europapokalsieg nicht, wie von anderen Finalkarten gewohnt, im Wohnzimmer an die Wand pinnen konnten. Die Finalkarten waren 2022 nämlich rein digital ... Da, muss man sagen, bricht die voranschreitende Digitalisierung Herzen. Denn wie schön war das denn früher: Die erworbene Eintrittskarte war Beleg für die eigene Anwesenheit beim Spiel und außerdem gab sie Einblicke in das Design der Zeit. Das Eintracht Frankfurt Museum hat neulich Eintrittskarten aus 60 Jahren Bundesliga zusammengestellt und lädt hiermit ein, gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen ...

Alles wichtige

Auf der Karte zum ersten Bundesligaspiel der SGE ist alles Wichtige vermerkt. An der Farbe des Tickets erkennt man sogar gleich den Sektor. Auf jeglichen Schnickschnack wurde verzichtet in den Anfangstagen der deutschen Eliteliga.

Identitätsstiftend

Drei Jahre nach Einführung der Bundesliga wurde man schon selbstbewusster. Immer noch zeigt die Farbe des Tickets die Richtung. Aber die SGE-Spielstätte nennt sich mittlerweile schon Waldstadion.

Keine Kinder

Es gibt keine statistischen Erhebungen, ob die Menschen in den Anfangstagen der Liga unzählige Kinder mit ins Stadion geschleppt haben. 1969 war damit jedenfalls Schluss. Das Kleingedruckte wurde ausführlicher. Und der von Europapokalspielen gewohnte Hinweis, pünktlich im Stadion zu sein, kam damals nicht aus der Fanszene, sondern von der Eintracht.

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1971 war die Eintrittskarte dann auch schon ein Top-Werbeträger. Hefner-Accessoires war ein regionaler Partner, der bis heute eng mit der Rugby-Abteilung verbunden ist.

Die Verbotsliste wird länger

Da hammer den Salat. In den 1970er Jahren wurde die Verbotsliste länger. Flaschen, Dosen, übergroße Fahnen und Transparente wurden verboten. Der eigentliche Skandal auf dem Ticket ist jedoch ein anderer. Zu beachten ist der Standort der Druckerei ...

Unterrang ungedeckt

1977 bekam man bei der Eintracht noch für 15 D-Mark einen Sitzplatz ungedeckt auf der Gegentribüne. Und dazu gab’s sieben Tore gegen Werder Bremen. So macht Fußball Spaß.

Diese Gauner

Vier Jahre später sah die Welt schon anders aus. Hier eine Karte des Spiels gegen den 1. FC Nürnberg, Stehplatz G-Block. Was fällt auf? Diese Gauner haben schon wieder die Mehrwertsteuer erhöht, auf satte zwölf Prozent!

Leibesvisitationen

Wo soll das alles enden? Auf dem Ticket für die Partie gegen den TSV Bayer 04 Leverkusen wird bereits angekündigt, dass Leibesvisitationen vorgenommen werden. „Irgendwann bauen die auch noch Zelte am Eingang auf“ – so weit dachte damals sicher keiner.

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In der Saison 1986/87 fanden sich schon zwei Anzeigenkunden auf dem Ticket. Mehr Einnahmen bedeuten mehr Erfolg, was sich gleich im Ergebnis des ersten Spieltags niedergeschlagen hat. 5:0 gewannen die Adler gegen Fortuna Düsseldorf. Und die Eintracht hatte endlich eine andere Druckerei!

Geldscheinmuster

Anfang der 1990er Jahre wurden die Eintrittskarten wieder farbiger, erstmals gab es sogar ein Hintergrundmuster wie bei Geldscheinen. Und beachten Sie einmal mehr die Druckerei: Hornberger in Waldfischbach. Richtig: Gerd Hornberger, der Firmengründer, startete in den 1930er Jahren als Leichtathlet der SGE, war Deutscher Meister und Olympiateilnehmer.

Es geht abwärts

Unschwer zu erkennen, es geht abwärts: Die Tickets der Saison 1994/95 kamen aus dem Computer-Drucker. Das vereinfachte zwar die Abwicklung, aber das Design der Tickets litt unter der Automatisierung.

Interessante Details

In der Saison 1998/99 wurde auf den Tickets sogar die Uhrzeit des Ausdrucks vermerkt. Auf dem abgebildeten Ticket ist zu erkennen, dass die Karte am 24. September um 9.22 Uhr gekauft wurde. Drei Tage später besiegte die SGE den 1. FC Nürnberg 3:2.

Problemfall Bestandserhaltung

Der Horror eines jeden Sammlers. Die Vergänglichkeit. Während Sie bei den Tickets
aus den 1960er und 1970er Jahren keine Veränderungen feststellen, bröckelt bei den computererstellten Karten der Aufdruck. In 20 Jahren wird der Gegner aus der Saison 2007/08 kaum noch zu erkennen sein.

Glücksfall Verfall

Auch die Ehrenkarte aus der Saison 2010/11 wurde bedruckt. In diesem Falle sei der langsame Verfall des Aufdrucks willkommen. Denn an dieses Spiel möchte sich dann doch kein Adlerträger länger erinnern.