„Ich will vorangehen“

Resoluter Verteidiger, Bauchmensch, Sohn einer Bundesligalegende, Torschütze beim ersten Sieg der Eintracht in der UEFA Europa Conference League. Das ist Robin Koch – und über all das spricht er im Podcast „Eintracht vom Main“. Das Klubmagazin mit dem gleichen Namen hat Auszüge aus dem Podcast hier abgedruckt und mit Daten, Fakten und Stimmen zu Eintrachts neuer Nummer 4 angereichert.

Interview: Jan Martin Strasheim

Fotos: Max Galys, Bianca Jockel, Jan Hübner, imago images 

Zusammengestellt von Dominic Dylka und Michael Wiener

Robin, lass uns sportlich starten. Du hast im Sommer gesagt, dass es dein Anspruch ist, Führungsspieler zu sein. Jetzt bist du drei Monate hier und nicht mehr wegzudenken aus unserer Abwehr. Bist du zufrieden mit dem Saisonstart? 

Ich habe schon ein paar Mal gesagt: Ich fühle mich sehr wohl hier, das war von Anfang an so. So habe ich es mir vorgestellt. Auch in meiner Rolle im Team und auf dem Platz ist es genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich will vorangehen, der Mannschaft auf und neben dem Platz helfen. So gehe ich es jeden Tag im Training an. Und die Spiele genauso. Bis jetzt klappt das ganz gut.  

Man spürt, dass du richtig Bock hast, hier zu spielen. Das merkt man daran, wie jemand drauf ist, wie er sich verhält und auf dem Platz wirkt. Was ist das Besondere für dich an Eintracht Frankfurt? 

Ich glaube, es ist das Miteinander von allen. Nicht nur die Mannschaft. Alle außenherum, alle Mitarbeiter, die man hier täglich trifft und mit denen man zusammenarbeitet. Das macht einfach Spaß. Man merkt eine Verbundenheit. Plus die Fans hintendran. Es ist eine riesige Einheit. So macht es extrem Spaß. Wenn alle zusammenarbeiten, kommt man jeden Tag morgens her und hat Lust, weil man weiß, dass man an etwas Großem mitarbeiten kann.  

Das wichtige Tor im ersten Spiel gegen Aberdeen hast du geköpft. Was war das für ein Gefühl vor der Kurve?
Ein sehr besonderes. Für mich war es das erste internationale Spiel. Wir hatten natürlich die beiden Qualifikationsspiele [gegen PFC Levski Sofia; Anm. d. Red.], aber jetzt ging es richtig los. Ich habe mich lange darauf gefreut. Dass ich dann den Siegtreffer erzielen konnte, macht es für mich umso schöner. Es war auf jeden Fall ein Spiel, das ich noch länger im Kopf behalten werde. 

„Kochs Kopfball lässt die Eintracht jubeln“, lautete die Überschrift des kicker-Spielberichts zur Partie der Eintracht gegen den Aberdeen FC. Die Eintracht ging früh durch Omar Marmoushs Strafstoß in Führung, die Schotten antworteten jedoch nur zehn Minuten später. Mit seinem Treffer in der 61. Minute nach einem Eckball von Farès Chaibi ebnete Robin Koch den Adlern den Weg zum 2:1-Heimsieg und den ersten drei Punkten in der UEFA Europa Conference League. Koch hat zwar seine Auslandserfahrung in Leeds gesammelt, war aber zuvor noch nie in einem UEFA-Pflichtspiel aufgelaufen. 

Dino Toppmöller hat gesagt: „Es ist gar nicht so schwer bei Eckbällen. Man muss einfach ungefähr wissen, wo man hinläuft und mit voller Wucht reinlaufen.“ Das könntest du diese Saison öfter machen ... Auf jeden Fall, das hat gut funktioniert. Ich hoffe, dass uns in der Bundesliga auch das eine oder andere Tor auf diese Weise gelingt.  

Du hast 87 Spiele für Freiburg bestritten, dabei fünf Tore erzielt. Waren das alles Kopfballtore?
Nein (lacht). Ich kann mich an eines in Berlin erinnern, das war ein Fernschuss. Ich weiß nicht, ob die restlichen alles Kopfballtore waren. 

Jenes Tor in Berlin erzielte er vor fast genau fünf Jahren. Zuvor hatte er in der Bundesliga zwei Mal getroffen, seine Premiere feierte er – im Deutsche Bank Park! Im Januar 2018 traf Koch per Kopf nach einer Ecke von Christian Günter zum 1:1-Endstand. Wiederum drei Monate zuvor hatte Koch unter Christian Streich in der Beletage des deutschen Fußballs debütiert. 

Ein Tor per Fernschuss ist auch etwas, das wir lange nicht hatten.
Soll ich das mal probieren? Ich schaue mal die nächsten Spiele (lacht).

 

„Ich fühle mich sehr wohl hier, das war von Anfang an so. So habe ich es mir vorgestellt.“ – Robin Koch – 

 

Aus dem Breisgau bist du 2020 nach Leeds gewechselt. Welche Erfahrungen hast du in der Premier League gesammelt?
Ich würde sagen, ich habe extrem viele Erfahrungen sammeln können. Erstmals bin ich raus aus Deutschland, habe in einem anderen Land gelebt, musste dort zurechtkommen und habe eine neue Sprache gelernt. Es hat mir als Mensch und auch privat sehr viel gebracht. Es war eine neue Herausforderung. Ich bin jemand, der geht so etwas gerne an und wächst auch privat gern immer weiter. Erstmal war es also der Part, ins Ausland zu gehen. Und dann natürlich die Liga. 

Wie kann man die Ligen miteinander vergleichen?
Die Qualität dort ist sehr hoch. Im Vergleich mit der Bundesliga würde ich sagen, dass es ein bisschen mehr hin- und hergeht, etwas schneller in Richtung Tor. In Deutschland ist es manchmal etwas taktischer. Hier bereitest du Spielzüge vor. In England hast du teilweise nur drei oder vier Sekunden und es geht in Richtung Tor. Dazu gibt es extrem starke Einzelspieler bei jeder Mannschaft mit enorm hohem Tempo, vor allem im vorderen Drittel. 

Einer davon ist Brenden Aaronson. Du hast mit beiden Aaronsons schon zusammen gespielt. Das kann auch nicht jeder von sich behaupten. Was unterscheidet Brenden von unserem Spieler Paxten Aaronson? 

Ich glaube, wenn wir zusammenfassen, was sie gemeinsam haben, dann sitzen wir hier länger (lacht). Beide sind super Typen, beide sind sehr offen und freundlich neben und auf dem Platz. Beide sind technisch und auf engem Raum sehr gut, finden dabei extrem viele Lösungen. Das Wichtigste ist für mich ihre Offenheit, ich komme mit beiden super klar.  

Eine Person fand ich in Leeds sehr interessant – auch in der Dokumentation, die ich über Leeds gesehen habe: Marcelo Bielsa. Was ist er für ein Trainer? 

Er hat ja den Spitznamen „El Loco“ [der Ver- rückte; Anm. d. Red.] – nicht ganz umsonst. Bielsa hat mich damals nach Leeds geholt und mir schon, als ich mich gerade mit dem Wechsel auseinandergesetzt habe, Präsentationen geschickt. Beziehungsweise hat Leeds mir Präsentationen von ihm geschickt, wie er mein Spiel analysiert hat und wie das zu seinem Spiel passt. Das war schon sehr beeindruckend. Dass jemand so ins Detail gegangen ist, hatte ich so zuvor bei keinem Trainer. Die Arbeit mit ihm war genauso brutal im Detail. Jeden Tag. Ob es Videositzungen waren oder das Training auf dem Platz. Extrem fordernd. Er ist einfach fußballverrückt. Er lebt Fußball 24/7, das macht ihn so besonders. Das ist auch der Grund, warum viele andere Weltklassetrainer wie Pep Guardiola von ihm schwärmen. 

Von 2020 bis 2023 spielte Robin Koch drei Jahre lang für Leeds United in der englischen Premier League. 77 Einsätze sammelte der Innenverteidiger für die Whites in den drei nationalen Wettbewerben, ein Tor erzielte er dabei nicht. Zwei längere Verletzungspausen sorgten dafür, dass er zweimal genau 16 Ligaspiele – und die Partien zwischenzeitlich in den anderen Wettbewerben – nicht zum Spieltagskader gehörte. In Leeds stand er unter anderem mit Brenden Aaronson, dem älteren Bruder von Adlerträger Paxten Aaronson, auf dem Platz. Am Ende der Saison 2022/23 musste der Klub als Tabellenvorletzter von Englands Eliteliga den Weg in die zweitklassige Championship antreten, aus der der letzte Meister vor Einführung der Premier League 2020 gekommen war. Koch kam also zu einem Aufsteiger und verließ drei Jahre später einen Absteiger. 

 

„Die Arbeit mit ihm [Marcelo Bielsa; Anm. d. Red.] war brutal ins Detail. Jeden Tag. [...] Extrem fordernd. Er ist einfach fußballverrückt.“ – Robin Koch – 

 

Du hast Innenverteidiger, Rechtsverteidiger, defensives Mittelfeld, linker Verteidiger und rechtes Mittelfeld gespielt. Offensiv noch nicht so viel, im Tor fehlt auch noch. Aber hinten hast du alles gespielt. Innenverteidiger kann man auch wiederum verschieden interpretieren: zentral, rechts, links. Wenn du es dir aussuchen könntest – und jetzt bitte nicht als Antwort, ich spiele dort, wo der Trainer es mir sagt: Welche Rolle ist deine liebste? 

Die meisten Spiele habe ich in der Innenverteidigung gemacht, deshalb ist das auch die Position, auf der ich mich am wohlsten fühle. Ein paar Partien auf der Sechs machen zwischendurch auch mal wieder Spaß, das kann ich mit Sicherheit auch spielen. Trotzdem ist Innenverteidiger meine Position – ob es da halblinks oder halbrechts ist, macht für mich keinen Unterschied. 

Robin Koch spielte im Jugendbereich oft auf Mittelfeldpositionen, vor allem auf der des Sechsers, und absolvierte zu dieser Zeit auch schon Sichtungslehrgänge beim DFB. Vater Harry sagte einst über ihn: „Er ist von der Veranlagung her ein sehr dynamischer und mit guter Technik ausgestatteter Mittelfeldspieler. Er kann das Spiel lesen und deshalb den tödlichen Pass spielen.“ Reinhold Breu, damaliger Jugendkoordinator bei Eintracht Trier, beorderte ihn jedoch in die Innenverteidigung, da Koch Zweikampfdefizite hatte. „Meine Aufgabe ist es, den Jungen weiterzubringen. Deswegen spielt er jetzt für eine begrenzte Zeit in der Abwehr“, sagte Breu 2011 dem „Trierischen Volksfreund“. 

Die Recherche hat gezeigt, dass du früher im Mittelfeld sogar eher zu Hause warst. Dann bist du aber umgebaut worden. Reinhold Breu, der Jugendkoordinator von Eintracht Trier, hat dich nach hinten gestellt. Ist das korrekt? 

Ja. Ich glaube, unter ihm habe ich die ersten Spiele damals in der Innenverteidigung gemacht. Dann war ich mit 16 Jahren schon in der ersten Mannschaft in Trier dabei, als ich eigentlich noch A-Jugend gespielt hätte. Hier war ich schon eher als Verteidiger unterwegs.  

Robin Koch ist in Kaiserslautern geboren und der FCK war auch sein erster Verein. Noch in der Jugend wechselte er über den SV Dörbach als Zwölfjähriger zu Eintracht Trier. Dort spielte er später als Senior in der zweiten und ersten Mannschaft, ehe er 2015, kurz vor seinem 19. Geburtstag, nach Kaiserslautern zurückging und dort zunächst im Regionalliga-Team eingesetzt wurde. Ein Jahr später kämpfte er sich in den Zweitligakader der Roten Teufel – die er nach drei weiteren Zweitligaeinsätzen im August 2017 Richtung Freiburg verließ, um dort ab September zum Bundesligakader zu gehören.  

Du hast nach deinem Realschulabschluss eine Lehre zum Industriekaufmann abgeschlossen.
Ich muss sagen, das war eine sehr stressige Zeit. Ich habe bei Eintracht Trier gespielt und mit 15 Jahren meinen Realschulabschluss gemacht, dann direkt die Ausbildung angefangen. Es war ein wenig hektisch, ich habe immer von 7.30 bis 16.30 Uhr gearbeitet und um 17.07 Uhr ist mein Bus zum Bahnhof gefahren – das werde ich nie vergessen. Vom Zug bin ich ins Training und abends um halb elf bin ich zu Hause gewesen. 

Aber geschadet hat es nicht? 

Nein, auf keinen Fall. Wir haben während dieser Zeit trotzdem vier- oder fünfmal die Woche trainiert. Dann war man schon mal froh, wenn man einen freien Tag hatte. Es war eine anstrengende Zeit, die trotzdem Spaß gemacht und mir viel gebracht hat, auch als Mensch. 

In welchem Unternehmen hast du gearbeitet?
Clemens Maschinenbau. Die machen Weinbaumaschinen. 

Und die Kollegen? Gibt es zu denen noch Kontakt?
Ja, doch. Gerade mit zwei jüngeren Kollegen. 

Die werden sich auch denken: Der hat alles richtig gemacht.
Wahrscheinlich (lacht). Es war damals tatsächlich die Überlegung, entweder komplett alles auf den Fußball zu setzen oder in dem Unternehmen weiterzumachen und nebenbei Fußball zu spielen. Für mich war es dann aber eine einfache Entscheidung, weil ich die Chance im Profifußball nutzen wollte. Trotzdem war es die drei Jahre davor in der Ausbildung sehr schön. Im Nachhinein kann ich sagen, es war zu 100 Prozent die richtige Entscheidung. 

Das bringt deinen Vater ins Spiel, der auch Fußballprofi war. Harry Koch, der 1. FC Kaiserslautern und die Wahnsinnsmeisterschaft 1998. Wenn man einen Vater hat, der schon Bundesliga gespielt hat, müsste man doch erst recht sagen: Okay, ich setze alles auf die Karte Fußball. Oder war er derjenige, der gesagt hat: Pass auf, bleib auf dem Teppich. 

Beide Elternteile haben immer gesagt: Schule und Ausbildung gehen vor. Wenn ich morgens mal krank in der Schule war, wusste ich, dass ich abends nicht ins Training kann. Von daher bin ich dann immer in die Schule gegangen und dann ins Training (lacht). Spaß beiseite, sie haben immer gesagt: Zuerst Schule, dann Fußball. Es kann so schnell vorbei sein. Eine Verletzung und das war’s. Generell ist der Anteil, der es letztlich zum Profi schafft, so gering. Auch dadurch, dass mein Dad Fußballer war, weiß er, wie hart der Weg dahin ist und wie schwierig es ist und wie viel Glück man braucht. Der Traum, Fußballer zu werden, stand bei mir aber über allem.  

Robin Kochs Vater Harry war ebenfalls Innenverteidiger und kam in insgesamt 187 Bundesliga- und 76 Zweitligaspielen für den 1. FC Kaiserslautern zum Einsatz. 1995/96 gewann er den DFB-Pokal mit den Roten Teufeln und war anschließend Teil der Mannschaft, die 1997 als Zweitligatitelträger in die Bundesliga aufstieg und in der Folgesaison 1997/98 unter Otto Rehhagel Deutscher Meister wurde. Bekannt war er durch sein lockiges Haar, seinen Kampfgeist und seine Sicherheit vom Elfmeterpunkt – elf von zwölf hat er in der Bundesliga verwandelt. Seine Karriere beendete er 2006 bei Eintracht Trier und wurde anschließend Trainer des Rheinlandligisten SV Dörbach, bei dem auch Sohn Robin in der Jugend kickte.  

Ist dein Vater ein wichtiger Ratgeber für dich? Er war hier auch bei der Vertragsunterschrift in Frankfurt mit dabei. Hat er dir auch zur Eintracht geraten? 

Grundsätzlich unterhalten wir uns wenig über Fußball. Gerade die vergangenen Jahre habe ich meine Familie sehr selten gesehen. Es sind einfach andere Dinge, über die man spricht. Wenn man sich nach langer Zeit wiedersieht, ist man einfach froh, wieder zusammen zu sein. Man diskutiert nicht unbedingt die letzten Spiele nochmal durch. Aber klar, vor so einer wichtigen Entscheidung, wenn ein Wechsel ansteht, unterhalte ich mich natürlich gerne mit ihm darüber. Vor allem bei diesem Wechsel jetzt, weil er auch die Erfahrung hat. Er hat mir zur Eintracht geraten. Zwar habe ich auch ein Bauchgefühl, auf das ich mich sehr gut verlassen kann, und das mir sagt, dass ich einfach gut hierher passe. Mit dem Umfeld und den Emotionen im Verein, die man schwierig woanders finden oder aufbauen kann. Mein Vater war da genau der gleichen Meinung. Von daher haben wir uns da schon nochmal drüber unterhalten und zum Glück auch die gleiche Meinung gehabt. 


„Er [Vater Harry Koch; Anm. d. Red.] hat mir zur Eintracht geraten. Zwar habe ich auch ein Bauchgefühl, auf das ich mich sehr gut verlassen kann, und das mir sagt, dass ich einfach gut hierher passe.“ – Robin Koch –


Ich bin gespannt, wie du diese Geschichte auffasst. Es war ein warmer Tag im Juni, da haben Markus Krösche und ich zusammengesessen und uns unterhalten über alles Mögliche. Auf einmal kamen wir von Paxten Aaronson zu Brendon Aaronson und dann sagt er: Leeds United ist abgestiegen, was ist mit Robin Koch? Dann holt er sein Handy raus und ruft bei deinem Berater an. Jetzt bist du hier. Wie war das, als dein Berater dich mit dem Thema Eintracht Frankfurt konfrontiert hat? Was ist dir da durch den Kopf gegangen? 

Es war keine leichte Situation für mich. Ich weiß es noch genau: Wir sind abgestiegen und ich wollte erstmal gar nichts wissen und war einfach nur enttäuscht. Ich musste die Situation erstmal verarbeiten. Nachdem man dann ein bisschen Abstand gewinnen konnte, habe ich mir die ersten Gedanken darüber gemacht. Am Ende war es mein Bauchgefühl, das hat mich durch meine ganze Karriere immer gut begleitet. Fußball ist für mich Emotion und Leidenschaft. Dann ist es schwierig, bei verschiedenen Angeboten logisch zu entscheiden, was das beste ist. Ich gehe dann oft nach meinem Bauchgefühl, genau wie bei der Eintracht jetzt. Bei mir macht es viel aus, was ich im Kopf habe und wie ich den Verein erlebe. Auch mit Trappo [Kevin Trapp; Anm. d. Red.], den ich schon vorher kannte, und auch bei Philipp Max habe ich mal nachgefragt. Von außen bekommt man viel mit, die Fans sind Wahnsinn. Was ihr die letzten Jahre erreicht habt, die Stimmung, die man von außen mitbekommt. Ich habe nochmal nachgefragt, wie es innerhalb des Vereins ausschaut: Wie ist das Verhältnis innerhalb der Mannschaft und den Mitarbeitern drumherum? Wie kommen alle miteinander klar? Auch darauf habe ich nur positive Rückmeldungen bekommen. Je mehr Rückmeldungen ich bekommen habe, desto eher wurde mein Bauchgefühl bestätigt, dass es die richtige Entscheidung ist. 

 

„Christian Streich war schon extrem wichtig für meine Entwicklung, Freiburg generell.“ – Robin Koch – 

 

Also haben Kevin und Philipp schon mal einen guten Job gemacht?
Ja. Es ist wichtig, jemanden im Verein zu haben, der ehrlich sagt, wie es ist. Wenn man dann am Ende nicht hierher passt und sich als Spieler nicht wohlfühlt, können auch die Leistungen abfallen. Von daher war es für mich echt super, ein paar Jungs im Verein zu haben, die schon ein paar Jahre hier sind und alles kennen. 

Mit der Eintracht hast du nun gegen deinen Ex-Klub SC Freiburg gespielt. Christian Streich hatte sich während der Partie fürchterlich aufgeregt, was natürlich für ihn nicht ungewöhnlich ist, aber danach war er wieder Staatsmann. Wie beschreibst du ihn und wie hat er dich geformt in deiner Zeit beim SC Freiburg? Er war schon extrem wichtig für meine Entwicklung, Freiburg generell. Auch der Schritt von der zweiten in die erste Liga, den ich bei Freiburg gemacht habe. Ich denke, es ist ein super Umfeld für junge Spieler dort. In Freiburg die ersten Spiele in der Bundesliga zu machen und dort richtig zu reifen, tat mir gut. Ich wurde dort auch zum Nationalspieler. Christian ist auch schon lange dabei und hat ganz viele Spieler miterlebt. Er macht einen guten Job und ist sehr emotional, während eines Spiels extrem. Auch direkt nach dem Spiel kam er zu mir und war noch total geladen wegen der einen Situation. Wenig später haben wir uns wieder ganz normal unterhalten. Ich denke, es gehört einfach zu ihm, selbst nach so vielen Jahren lebt er das Ganze noch so intensiv. Und mit ein bisschen Abstand kann er es dann auch in Ruhe betrachten.  

Für den SC Freiburg absolvierte Robin Koch im Jahr 2017 beim 1:1 gegen Hertha BSC sein Bundesligadebüt, nachdem er vom 1. FC Kaiserslautern zu den Breisgauern gewechselt ist. 87 Mal kam er unter Cheftrainer Christian Streich zum Einsatz, 82 Mal davon in Deutschlands Eliteliga. 2020 war es dann Zeit für den nächsten Schritt: Koch wechselte auf die Insel.  

Julian Nagelsmann ist neuer Trainer der Nationalmannschaft und war bereits bei einem unserer Spiele auf der Tribüne. Wie großartig wäre es für dich, wieder in die Nationalmannschaft zurückzukehren? 

Es ist natürlich schon ein Traum, wieder zurückzukommen. Ich habe es schon öfter gesagt, für mich ist es aktuell wichtiger, hier bei der Eintracht alles zu geben und gute Leistungen zu bringen. Alles andere liegt nicht mehr in meinen Händen. Ich gebe Gas und versuche jedes Wochenende und unter der Woche, der der Mannschaft zu helfen. Alles andere muss Julian Nagelsmann entscheiden. 

Du weißt, dass ein Spiel in der EM-Vorrunde in Frankfurt sein wird?
Ja, das weiß ich. Es wäre auf jeden Fall etwas Besonderes. 

Acht Mal kam Robin Koch für die DFB-Elf zum Einsatz, nachdem er bereits für die deutsche U21 aufgelaufen war (fünf Spiele) und mit dieser Silber bei der EM 2019 holte. Sein Debüt für die A-Nationalmannschaft feierte Koch 2019 beim 2:2 gegen Argentinien, 90 Minuten spielte er dabei durch. Letztmals stand er mit dem Bundesadler auf der Brust im Juni 2021 beim 1:1 gegen Dänemark auf dem Feld. Bei der EM 2021 war er Teil des Kaders, kam jedoch nicht zum Einsatz. 

Was ist mit unserer Mannschaft drin dieses Jahr?
Ich glaube, wir haben eine Mannschaft, die natürlich viele neue Spieler hat. Da ist es ganz normal, dass es etwas dauert, bis wir zusammenfinden. Dann haben wir zudem ein neues Trainerteam. Es ist dann nochmal mehr Arbeit, alles reinzubekommen. Trotzdem ging es los mit der Qualifikation zur UEFA Europa Conference League und vielen Spielen. Da hast du wenige Trainingseinheiten, in denen viel einstudiert werden kann. Von daher brauchen wir auch die Spiele, um uns weiterzuentwickeln. Im Endeffekt brauchst du die Spiele, um zu sehen, was besser werden muss und was wir schon gut machen. Ich denke, man sieht auch schon eine Entwicklung. Der nächste Schritt für uns ist, dass wir auch in den Ergebnissen noch abgezockter werden. Dass wir dann wie gegen Freiburg das Ding irgendwie 1:0 gewinnen – da schießen wir ein Tor und sagen: Das war top. Ich finde, wir haben ein gutes Spiel gemacht [Endstand 0:0; Anm. d. Red.]. Wenn wir das gewinnen, dann ist auch alles gut.  

Ist da jemand dabei, den du hochinteressant findest, weil er irgendwas Besonderes mitbringt?
Jeder Spieler hat etwas Besonderes auf diesem Niveau. Ob das jetzt Mario ist, der Weltmeister wurde und das entscheidende Tor geschossen hat, oder ein junger Hugo Larsson, der auch eine enorme Qualität hat. Da kannst du eigentlich jeden Spieler durchgehen, der eine besondere Fähigkeit hat. Hugo macht es sehr gut im Training und in den Spielen. Bei ihm finde ich es besonders, dass er jeden Ball haben will, auch wenn da mal was schiefgeht. Gerade mit 19 Jahren ist das außergewöhnlich. Es spricht sehr für ihn. Auch als Mensch ist er super offen und will in jedem Training besser werden. 

 

„Bei ihm [Hugo Larsson; Anm. d. Red.] finde ich es besonders, dass er jeden Ball haben will, auch wenn da mal was schiefgeht. Gerade mit 19 Jahren ist das außergewöhnlich.“ – Robin Koch – 

 

Neben dir spielt Willian Pacho in dem Dreieck, was sich in den letzten Spielen hervorragend ergänzt hat. Wie habt ihr so schnell zusammengefunden? 

Im Endeffekt ist es Fußball. Wir haben quasi drei verschiedene Nationen hinten drin und unterschiedliche Sprachen. Wenn du dich auf dem Platz gut verstehst, und das tun wir, auch daneben, dann funktioniert es sehr gut. Da gehört die ganze Mannschaft dazu. Wir verteidigen das nicht zu dritt oder zu viert. Es geht vorne los, da ist es wichtig, dass die ganze Mannschaft mitmacht. Es macht Spaß, mit den Jungs zu spielen und zu verteidigen. 

In Leeds habt ihr einige Tore kassiert vergangene Saison, jetzt ist es genau das Gegenteil. Ist es auch für dich eine Art Entwicklungsprozess? 

In Leeds haben wir vom System her etwas anders gespielt. Vom Fußball generell war es sehr hohes Pressing und viel mehr Risiko hinten. Wir haben dann relativ viele Partien auch 3:3 oder 4:3 gespielt. Für einen Verteidiger ist es angenehmer, mal zu null zu spielen oder weniger Gegentore zu bekommen. Wir haben in fünf Bundesligaspielen drei Gegentore bekommen [zum Zeitpunkt des Interviews; Anm. d. Red.], das fühlt sich für einen Verteidiger deutlich besser an, als wenn du ein Torverhältnis von 10:12 hast. Auch mit der Führungsrolle hier ist es für mich deutlich einfacher als in Leeds, wo das auch schon gereift ist und ich innerhalb der Mannschaft eine Führungsrolle übernommen habe.  

77 Partien hat Koch für Leeds absolviert. Die erste endete 3:4 gegen Liverpool, die zweite 4:3 gegen Fulham ...  

Dem einen oder anderen Spieler bei uns hat anfangs ein bisschen die Fitness gefehlt. Du bist Experte auf dem Gebiet, du hast ein Fitnesscenter in Krefeld. Das bedeutet, du bist auch unternehmerisch unterwegs. 

Mittlerweile nicht mehr, nur noch eine App. Aber genau, ein guter Freund von mir ist Athletiktrainer im Sport – gerade im Fußballbereich. Wir haben uns zusammen selbstständig gemacht, weil wir jahrelang zusammen trainiert haben und auch viele Jungs und Nachwuchsspieler trainiert haben. Jetzt ist er Athletik- und Fitnesstrainer in Magdeburg, weshalb wir das Trainingscenter abgeben mussten, da er es vor Ort nicht mehr machen konnte. Wir haben aber noch eine App zusammen, die für Jugendspieler gut ist. Die App heißt Nextlete. Die ist der Nachfolger zu Black Hall, also der Trainingseinrichtung vor Ort, sodass jeder von zu Hause aus trainieren kann und über Instagram mit Jannik [Kirchenkamp; Anm. d. Red.], dem Athletiktrainer vom 1. FC Magdeburg, in Kontakt treten kann. 

Zum Schluss noch eine Fanfrage: Was könnt ihr Abwehrspieler von Makoto Hasebe lernen?
Die extreme Professionalität, die er in seinem Alter noch hat. Da gehört alles dazu, was er den ganzen Tag macht. Pflege, wie er vor und nach dem Training arbeitet und das über so einen langen Zeitraum. Da können alle Spieler etwas von lernen.