Naturgewalt mit Killerinstinkt
Sohn der Champagne, groß, schnell, höchsteffizient – und der dritte Eintracht-Hugo. Das ist Frankfurts Nummer elf.
„Ich habe lange auf diesen Schritt gewartet“, sagt Hugo Ekitiké im Interview mit EintrachtTV bei seiner Ankunft im Herzen von Europa am 1. Februar. Endlich ist er da. Am Deadline Day. Sportvorstand Markus Krösche lässt einen langen Atem durchblicken, als er beteuert: „Wir waren bereits im Sommer überzeugt von ihm und haben den Gedanken nicht verworfen.“ Grund genug, den Neuzugang genauer unter die Lupe zu nehmen.
Reims. Die Stadt im Nordosten Frankreichs ist bekannt als Krönungsstätte der französischen Könige und für die Herstellung des Champagners. Auch ist sie die Heimat von Eintracht Frankfurts jüngster Verpflichtung: Hugo Ekitiké. Der Sohn eines französischen Vaters und einer kamerunischen Mutter erlernte seine Grundlagen bei seinem Jugendklub Cormontreuil FC – dem lokalen Sportverein der Gemeinde Cormontreuil, einem Teil im Südosten des Arrondissements Reims. Schon im Alter von elf Jahren winkten die Rouges et Blancs, die Rot- Weißen. Ekitiké wechselte in die Jugend von Stade de Reims und sollte in seiner Geburtsstadt über die zweite Mannschaft bis ins Ligue- 1-Team zum Profi reifen.
Sein Debüt in Frankreichs Eliteliga feierte der Mittelstürmer am 17. Oktober 2020 unter Trainer David Guion gegen den FC Lorient. Auch in der Folgewoche gegen den Montpellier HSC wurde er eingewechselt und sammelte eine knappe halbe Stunde Spielzeit. Danach nahm Ekitiké viermal auf der Bank Platz, ehe eine halbjährige Leihe zum Vejle BK erfolgte. Es brauchte ein wenig Anlaufzeit, doch letztlich konnte der Franzose in elf Einsätzen drei Treffer und zwei Vorlagen beisteuern, sodass der dänische Erstligist die Klasse hielt.
Zurück bei Stade de Reims durchlebte Ekitiké seinen fußballerischen Durchbruch. In der Spielzeit 2021/22 gelangen ihm in 26 wettbewerbsübergreifenden Spielen elf Tore und vier Vorlagen. Nach der Hinrunde stand er bei einer Chancenverwertung von 38 Prozent. 90 Prozent seiner Toraktionen fanden innerhalb des Strafraumes statt. Neben seinem Killerinstinkt stach Ekitiké durch seine gefährlichen Läufe und sein kluges Positionsspiel hervor, was das Analyseportal Breaking The Lines bereits im Januar 2022 den detaillierten Artikel „The Diamond in the Youngest Team in Europe’s Big 5 Leagues“ (Der Diamant im Team der Jüngsten in Europas Top- Fünf-Ligen) wert war.
Eben jene Saison war es, in der der 1,90-Meter-Mann erstmals für die französische U20-Nationalmannschaft nominiert wurde, für die er bis heute sechs Spiele absolviert hat. Als wäre dies der Aufmerksamkeit nicht genug, meldete Abonnementmeister Paris Saint-Germain Interesse an dem Youngster an und lieh ihn für ein Jahr mit Kaufoption aus.
In seinem ersten Jahr für den Hauptstadtklub stand er neben Weltstars wie Kylian Mbappé und Lionel Messi auf dem Platz. Ekitiké kam auf insgesamt 32 Einsätze in der Liga, dem Pokal und der UEFA Champions League. Vier Tore und vier Vorlagen sowie der Gewinn der französischen Meisterschaft standen beim Talent am Ende der Spielzeit zu Buche. PSG zog die Kaufoption und verpflichtete den Angreifer fest. In der Hinrunde der Folgesaison hatte er nur noch einen Kurzeinsatz. Folglich kam er mit wenig Spielpraxis in die Mainmetropole.
Zwei Tage nach dem Wechsel ins Herz von Europa, beim Abendspiel in Köln, spielte Ektiké nach einem Mannschaftstraining als Joker schon rund 13 Minuten. Gegen den VfL Bochum folgten 25 weitere, gegen Royale Union Saint-Gilloise wurde der Franzose nach 65 Minuten für Sasa Kalajdzic eingewechselt und schnupperte erstmals internationale Luft mit der Eintracht abseits der Champions League. Wie lange die Gespräche mit Trainer Dino Toppmöller und Markus Krösche dauerten, ist nicht überliefert, die Inhalte haben aber offenbar Eindruck hinterlassen: „Ich bin sehr glücklich und stolz, hier zu sein. Für meinen Werdegang ist es ein interessanter Schritt und die richtige Entscheidung.
Ich kann es nicht abwarten, zu starten. Ich möchte die Fans unterhalten, dem Trainer und Markus Krösche das Vertrauen zurückzahlen.“ Toppmöller zeigt sich zuversichtlich im Hinblick auf eine rasche Teamintegration Ekitikés. So sagte der Coach vor dem Bundesligaheimspiel gegen den VfL Bochum: „Wir haben Hoffnung, dass es bei ihm sehr schnell gehen kann. Er will natürlich spielen, ist aber auch schlau und erkennt die Situation.“ Der Spieler selbst versucht „in einen Rhythmus zu kommen, zu lernen und mich der Bundesliga anzupassen. Die Intensität hier ist hoch, daran muss man sich gewöhnen.“ Und auch Sportvorstand Markus Krösche weiß: „Er hat mit einem Personal Trainer an seiner Fitness gearbeitet. Nun geht es um Spielfitness und spielspezifische Themen. Über das Training wird er als junger Spieler recht schnell auf das Level zurückkommen, um 90 Bundesliga spielen zu können.“
Funfact am Rande: Der Franzose Ekitiké ist der dritte Adlerträger mit dem Vornamen Hugo – nach dem früheren deutschen Nationalspieler Hugo Mantel, der von 1928 bis 1938 für Eintracht Frankfurt agierte und zweimal die Süddeutsche Meisterschaft gewann, und dem Schweden Hugo Larsson.
Das Profil der Neuverpflichtung analysierte Coach Toppmöller auf der Pressekonferenz im Vorfeld des Bundesligaduells beim 1. FC Köln. Kurz und kompakt sei Ekitiké „ein Spieler, der am liebsten auf der Neunerposition agiert, aber auch in der Doppelspitze spielen kann. Dank seines hohen Speeds kann er aber auch auf den Flügel ausweichen. Für seine Größe hat er eine gute Technik, ist agil und sorgt für gute Pressingmomente, die es für den Gegner im Spielaufbau schwierig machen. Er ist fleißig, hungrig und soll uns kurz- wie langfristig helfen.“ Ekitiké hingegen unterstreicht selbstbewusst: „Ich würde mich als kompletten Spieler bezeichnen. Ich suche die Tiefe und bewege mich viel in den Zwischenräumen, um Verbindungen zu Mitspielern zu finden, gehe ins Dribbling, möchte Tore schießen und Vorlagen geben.“ Letztlich weiß der 21-Jährige aber auch, „dass ich längst nicht am Limit bin und mich in allen Bereichen verbessern kann“.
Sportvorstand Krösche hingegen ergänzt: „Hugo ist ein junger Spieler, der sein großes Potenzial schon unter Beweis gestellt hat. Wir sind glücklich, dass der Transfer vor dem Hintergrund unserer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen funktioniert hat. Wir geben ihm natürlich die Zeit, die er benötigt, um anzukommen.“ Schnell war zweifellos schon mal der erste Arbeitsnachweis in Müngersdorf: 33,44 Kilometer pro Stunde war der höchste Topspeed hinter den Landsmännern Jean-Mattéo Bahoya (33,51) und Niels Nkounkou (33,44). Gegen Bochum legte der Stürmer noch einen drauf: 33,54 Kilometer pro Stunde toppten den Wert aus Köln um ein Zehntel. Nach dem Startelfdebüt gegen den VfL Wolfsburg wählten ihn die Eintracht-Fans direkt zum Spieler des Spiels.