Der Adlerträger aus Karthago
Vom Vater und Amateurfußball geprägt, von Lucas Barrios als „dürr" tituliert, ein Schlüsselspiel gegen Zlatan Ibrahimovic, Interimskapitän in Montpellier, Corona in Cologne, Angler aus Leidenschaft und jede Menge Sprachkenntnisse. Ellyes Skhiri im Gespräch mit der „Eintracht vom Main".
Als Ellyes Skhiri im Medienbereich des Profi-Camps Platz nimmt, flimmert auf dem Bildschirm an der Wand gerade die EintrachtTV-Zusammenfassung des zurückliegenden Auswärtsspiels gegen den VfB Stuttgart. Der 28-Jährige hat die 0:3-Niederlage im Schwabenland wegen einer Vorsichtsmaßnahme verpasst. Einen Tag später, im direkten Verfolgerduell um Platz sechs mit dem FC Augsburg, soll Skhiri, so der Plan, wieder auf dem Platz stehen und helfen, die Europapokalteilnahme 2024/25 zu sichern. „Wir müssen alles investieren, um es zu erreichen. Das ist sehr wichtig für den Verein, die Spieler, die Fans und die Stadt. Wir wissen, dass starke Gegner auf uns warten. Nichtsdestotrotz haben wir alles in der eigenen Hand. Das ist das Allerwichtigste. Natürlich müssen wir uns die Europa League verdienen. Es liegt an uns.“
Am Abend darauf, zum Auftakt des 30. Spieltags,
steht Skhiri erwartungsgemäß wieder in der ersten Elf. Wie immer, wenn der
65-malige tunesische Nationalspieler fit ist. Die Hessen siegen dank einer
Energieleistung in Halbzeit zwei mit 3:1, Skhiri gibt mit einem gewonnenen
Kopfballduell aus dem eigenen Strafraum in den Lauf von Omar Marmoush die
Vorlage zum Endstand. Ellyes Joris „Flaco“ Skhiri, der Adlerträger aus
Karthago, hatte wieder geliefert. Wer ihn kennt, weiß, dass es nicht mehr als
ein Zwischenschritt war. Und wer ihn nicht kennt, hat auf den nächsten Seiten
die Gelegenheit, daran etwas zu ändern.
Interview: Daniel Grawe
Bilder: Bianca Jockel, Max Galys, Jan Hübner, imago images
Ellyes, bei deiner Vorstellung im Sommer hast du gesagt: „Alles ist wieder bei null.“ Wo siehst du dich aktuell auf einer Skala bis zehn?
Im ersten Jahr geht es auch immer darum, sich
anzupassen und zu lernen. Das gilt für die Mannschaft mit vielen neuen
Gesichtern generell, aber auch für jeden Einzelnen. Ich habe viel gespielt,
war leider etwas häufiger verletzt, als ich es gewohnt war, aber denke, ich
konnte durchaus überzeugen. Trotzdem weiß ich, dass ich viele Dinge besser
machen kann. Nach einem Dreivierteljahr kenne ich den Klub, die Kollegen und
Mitarbeiter viel besser. Am Ende zählt für mich die Leistung. Gemessen an
dem, was ich für den Verein und mich selbst für möglich halte, würde ich
sagen: fünf von zehn, also die Hälfte. Ich will mehr geben und mehr
erreichen. Persönlich und mit der Eintracht.
Unbestritten bleibt seit Jahren deine Laufstärke. Was überwiegt mehr: gute Gene oder gutes Training?
Ohne Arbeit geht es natürlich nicht. Aber ein bisschen genetische Veranlagung spielt sicher mit rein. Ich bin schon immer viel gelaufen. Das ist für mich ein Stück weit auch Kopfsache, immer 100 Prozent zu geben. Das fängt in der täglichen Trainingsarbeit an.
Wie kam es zum Spitznamen Flaco
[der Dürre; Anm. d. Red.]?
Das hat seinen
Ursprung zu meiner Zeit in Montpellier. In meiner ersten Profisaison 2014/15
war Lucas Barrios, den viele vielleicht noch aus seiner Zeit bei Borussia
Dortmund kennen, bei uns. Er war der Erste, der mich Flaco genannt hat. Er
meinte, ich sei so dünn (lacht). Das hat sich mittlerweile zwar
geändert, aber in Köln hatten ein paar Leute Probleme mit der Aussprache
meines Vornamens, ich habe ihnen „Flaco“ vorgeschlagen. Seitdem hieß es in
Köln immer Flaco hier, Flaco da. In Frankfurt ist es weniger geworden, hier
bin ich der Elly.
In deiner Heimat nennen dich
viele den Sergio Busquets Tunesiens. Wie gefällt dir der Vergleich?
Ich habe auch
davon gehört, das hat sicher nichts mit der Qualität zu tun, an Sergio
Busquets komme ich nicht heran. Es gibt aber Parallelen im Positionsprofil:
alleiniger Sechser, Spielkontrolle, taktisches Verständnis, kurze Pässe,
strategisches Denken. Und auch Busquets war wie ich ein bisschen Flaco (lacht).
Allerdings ist Sergios Technik extrem stark. Mir liegt dafür das
Box-to-Box-Spiel mehr, wobei ich davon noch mehr zeigen könnte. Auf jeden Fall
ist es eine schöne Referenz!
Daran anschließend: Lieber
Doppelsechs oder alleiniger Abräumer?
Beides hat sein
Für und Wider. Als alleiniger Sechser muss ich konsequenter die Position
halten. Mit einem Nebenmann habe ich mehr Freiheiten, mich nach vorne
einzuschalten und die Offensive zu unterstützen. Ich bin sicher auch für den
strategischen Part geeignet, sonst hätten wir es in dieser Saison nicht schon
so gespielt. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, bin ich am liebsten einer von
zwei defensiven Mittelfeldspielern. Am Ende ordne ich mich dem unter, was am
besten für die Mannschaft ist.
Hattest oder hast du Vorbilder im Fußball?
In meiner Jugend tatsächlich Busquets. Generell
habe ich mir sehr viele Spiele des FC Barcelona angeschaut, um mir vom Dreieck
Busquets-Xavi-Iniesta etwas abzuschauen. Das war geil anzuschauen. Auch aktuell
gibt es Spieler, von denen ich lernen kann: Rodri von Manchester City ist
überragend. Fabinho zu seiner Zeit in Liverpool auch. Nicht zu vergessen
N’Golo Kanté! Er ist Abräumer und Antreiber in einem, hat eine Riesenenergie.
Wenn ich Spiele seiner Teams geschaut habe, hatte ich immer das Gefühl, es stehen
zwei Kantés auf dem Feld.
Welche Rolle spielt dein Vater,
der selbst in der Ligue 2 gespielt hat?
Seine Karriere
war nicht wirklich groß und in der Zweiten Liga hat er nicht allzu lange
gespielt. Aber darum ging es für mich nicht. Mir war wichtiger, dass er nahe
der Heimat spielt, dadurch konnte ich bei jedem Spiel zuschauen. Die längste
Zeit war das eine regionale Amateurliga – eine sehr schöne und vor allem sehr
lehrreiche Zeit! Mein Vater hat immer alles gegeben, viel gearbeitet und einen
respektvollen Umgang vorgelebt, egal in welcher Liga. Das hat mich
geprägt.
Du bist in einer kleinen Gemeinde im Süden Frankreichs aufgewachsen. Wie war dort deine Kindheit und wie kam es dazu, dass du Fußball gespielt hast?
Angefangen habe ich beim Gallia Club Lunel, bin aber schon relativ früh in die Jugend des HSC Montpellier gewechselt. In dieser Zeit habe ich mich sportlich und menschlich am stärksten entwickelt. Ein Vorteil für mich war, dass das Training nur 20 Minuten von meinem Elternhaus stattfand. So konnte ich mich voll auf den Fußball konzentrieren und gleichzeitig bei meiner Familie bleiben. Zwischen meinem achten und 24. Lebensjahr in Montpellier gewesen zu sein, war sehr wertvoll.
In der Jugend warst du offensiver Mittelfeldspieler. Wie kam es dazu und dass du dein sportliches Glück im defensiven Mittelfeld gefunden hast?
Als Nachwuchsspieler war ich wirklich sehr
offensiv, Zehner oder Stürmer, und hatte zum einen sehr viel Spaß und habe zum
anderen sehr viel Technik gelernt. Mit 15 Jahren hat mir der damalige Trainer
offenbart, dass der Fußball in einer neuen Zeit angekommen und die
Zehnerposition immer weniger gefragt sei. Rückblickend hatte er recht. Den
typischen reinen Spielmacher gibt es nicht mehr. Vieles spielt sich im Sechser-
und Achterraum ab und alle Fähigkeiten sind gefragt: Zweikampfverhalten,
Ausdauer, Technik.
„Mein Vater hat immer alles gegeben, viel gearbeitet und einen respektvollen Umgang vorgelebt, egal in welcher Liga. Das hat mich geprägt.“
Warum hast du dein Profidebüt
dann als Rechtsverteidiger gegeben?
Naja, der
Trainer hat auf dieser Position einen Spieler gebraucht. Frag‘ mich nicht, wie
er auf mich gekommen ist, denn das war gar nicht mein Fall (lacht).
Du brauchst hier eigentlich Schnelligkeit und Antritt – nicht gerade meine
Stärken. Aber um mich in der Mittelfeldzentrale aufzubieten, war ich in seinen
Augen vielleicht noch zu jung. Nach zwei Spielen war das Experiment als
Außenverteidiger beendet und allen war klar, dass ich im Mittelfeld besser
aufgehoben bin als in der Abwehr. Was aber nicht heißt, dass ich nicht hinten
aushelfe, wenn das Team mich braucht, ab und an war das noch als
Innenverteidiger der Fall. Die Zentrale liegt mir mehr.
Welcher Trainer hat dich am
meisten geprägt und warum?
Wer mir in der
HSC-Jugend sehr geholfen hat, war Fabien Lefèvre. Unter ihm habe ich drei
Jahre gespielt, am Ende in der zweiten Mannschaft, und viel gelernt. Er war der
Erste, der mit mir regelmäßig und intensiv Videoanalyse betrieben hat. Ein
ganz neuer Schritt für meine Entwicklung. Im Profibereich habe ich Frédéric
Hantz viel zu verdanken. Unter ihm habe ich zwar nicht debütiert, aber er hat
mir sofort sehr vertraut und mich im Mittelfeld aufgeboten. Das muss man sich
mal vorstellen: Die erste Chance auf dieser Position, die er mir gab, war
auswärts gegen Paris Saint-Germain! Wir haben gegen Verratti, Zlatan und wie
sie alle heißen 0:0 gespielt, was wie ein Sieg für uns war. Ich hatte Krämpfe
ohne Ende und war zu nichts mehr in der Lage – aber danach fast immer in der
Startelf.
Mit wem hast du danach das Trikot
getauscht?
Mit niemanden.
Ich tue mich schwer damit, jemanden nach seinem Trikot zu fragen. Ich habe
großen Respekt vor jedem, gerade als junger Spieler vor solchen Stars wie in
Paris. Aber ich bin Spieler, sie sind Spieler. Lieber gebe ich mein Trikot
einem Fan oder meiner Familie, wenn mich jemand fragt. Wenn ein Gegner zu mir
kommt und mich fragt, ist das natürlich etwas anderes.
Welchen Beruf hättest du
ergriffen, wenn du kein Fußballer geworden wärst? (Überlegt lange) Eine gute Frage, die ich spontan
nicht beantworten kann. Ich mag es jedenfalls, sich damit auseinanderzusetzen,
wie der menschliche Körper funktioniert. Deshalb wäre vielleicht
Physiotherapeut oder Osteopath etwas für mich gewesen. Aber ich weiß es wirklich
nicht. Vielleicht auch Feuerwehrmann.
Weil du auf dem Platz so gerne
Brände löschst?
Guter
Vergleich! Ich mag es in jedem Fall, der Gesellschaft zu helfen. Verbunden mit
der körperlichen Intensität und dem Wissen, Menschen aus Notlagen zu befreien
– einfach wichtig zu sein – das stelle ich mir toll vor. Aber klar: Wer fast
sein ganzes Leben mit Fußball verbringt und sich auf diesem Gebiet entwickeln
kann, kommt erstmal schwer auf andere Ideen.
Seit März 2018 bist du
tunesischer Nationalspieler. Was gab den Ausschlag für Tunesien und gegen
Frankreich?
Für diese
Entscheidung habe ich mir sehr viel Zeit genommen. 2018 war ich 23 Jahre alt.
Das war für mich der richtige Moment, eine Entscheidung zu treffen. Nicht zu
früh, nicht zu spät. Ehrlicherweise hatte meine Entscheidung auch teilweise
mit Realismus zu tun. Es ist extrem schwer, sich für die Équipe Tricolore zu
empfehlen. Vorhin sprachen wir über Kanté. Ich bin lieber ein wichtiger
Faktor für Tunesien und vertrete meine Farben mit Stolz, als möglicherweise
nur ein Spiel für Frankreich gemacht zu haben. Ich habe auch mit Tunesien das
Glück, an großen Turnieren teilnehmen zu können wie dem Africa Cup und der
Weltmeisterschaft.
Die Nationalmannschaft heißt auch
„Adler von Karthago“. Hattest du schon Berührungspunkte mit Attila?
Oh ja! Ein
super und sehr schöner Vogel, ich liebe ihn! Ich mag solche Traditionen, wie
sie die Eintracht mit Attila pflegt. Die Kombination mit Karthago hat für mich
fast etwas Schicksalhaftes.
Zuvor hast du aber vier Jahre Bekanntschaft mit dem anderen lebendigen Maskottchen gemacht, Hennes vom 1. FC Köln. Was hat dich an der Bundesliga gereizt?
Zunächst einmal erschien mir die Bundesliga als
der nächste logische Schritt, um voranzukommen, als Fußballer und als Mann.
Mir war bewusst, dass ich das erste Mal aus dem vertrauten Umfeld ausbrechen
würde. Das Gefühl, dass Deutschland das Richtige für mich sein könnte,
hatte ich schon länger. Die Lebensweise mit viel Struktur, Ordnung und Ruhe
kommt mir sehr entgegen. Als sich die Möglichkeit mit Köln ergab, habe ich
mir gedacht: Okay, let’s go!
Welche Rolle hat es in deinen Überlegungen gespielt, dass Montpellier 2019 Sechster wurde und Köln gerade in die Bundesliga zurückgekehrt war?
Das war vielleicht ein gewisses Risiko. Ich habe
viel mit meinem Berater gesprochen und hatte unabhängig von der Liga auch
etwas Respekt, weil ich über Köln nichts wusste. Gleichzeitig war ich der
festen Überzeugung, dass ich den Schritt ins Ausland brauchte, um besser zu
werden. Drei Jahre später haben wir uns für die Conference League
qualifiziert.
Im Frühjahr vor deinem Schritt an den Main hast du zwei Tore gegen Frankfurt erzielt. Gab’s nach deiner Ankunft hier damals noch Sprüche zu hören?
Nein, nein, das ist halt Fußball. Zu diesem
Zeitpunkt gab es ohnehin noch null Kontakt mit der Eintracht und ich habe wie
immer mein Bestes gegeben. Am Ende hat’s für die Eintracht trotzdem für den
Europapokal gereicht. Und wer weiß: Möglicherweise war es auch ungewollt gute
Werbung in eigener Sache.
Das kann man wohl so sagen! Seit Juli trägst du nicht nur den Adler auf der Brust, sondern auch die 15 auf dem Rücken. In Köln war es die 28. In Frankreich die 13. In Tunesien die 17. Hast du eine Lieblingsnummer?
So ist es, wenn man den Verein wechselt. Da hat
man selten die große Auswahl. Bei der Eintracht ist es auf die 15
hinausgelaufen.
Weil eins plus fünf gleich sechs
ergibt, auf deine Position bezogen?
Nein, die 15
ist an das Geburtsdatum meiner Tochter angelehnt. Das hat für mich eine
gewisse Symbolkraft. Aber all die anderen Nummern haben keine größere
Bedeutung.
Neben wem sitzt du in der Kabine?
Neben Makoto Hasebe. Vorher noch Paxten Aaronson
und Jens Petter Hauge [im Winter verliehen; Anm. d. Red.].
Wie verbringst du deine Freizeit?
Am liebsten und häufigsten mit meiner Freundin
und meiner Tochter. Wir sind beide füreinander da. Das ist uns beiden sehr
wichtig, auch weil sie noch wenig Englisch und Deutsch spricht. Wir mögen es
gerne ruhig und leben mit Hund und Katze etwas außerhalb von Frankfurt.
Fahrradfahren, Spaziergänge, kleine Restaurants – das gefällt uns.
„Das Gefühl, dass Deutschland das Richtige für mich sein könnte, hatte ich schon länger. Die Lebensweise mit viel Struktur, Ordnung und Ruhe kommt mir sehr entgegen.“
Was ist mit Angeln?
Gut recherchiert! Aber dafür finde ich hier keine
Gelegenheit. In Frankreich habe ich dafür eine Leidenschaft entwickelt. Du
schaust stundenlang auf das Meer, hast keinen Stress und kommst auf andere
Gedanken.
Was war dein dickster Fang?
Ach, nicht der Rede wert. Maximal ein Kilo. Das
ist beim Angeln für mich aber auch nicht das Entscheidende, sondern vor allem
zur Ruhe zu kommen.
Wie kamst du auf dieses Hobby?
Ich hatte einfach das große Glück, am Meer
aufzuwachsen. Da kommt man fast nicht drum herum. Angel, Harpune, ich habe
alles kennengelernt. Jetzt verbringe ich mehr Zeit in der Küche (lacht).
Du sprichst Arabisch, Deutsch,
Englisch, Französisch. Gibt eine Sprache, von der wir noch nicht wissen?
Das muss ich
korrigieren. Arabisch ist zwar naheliegend, beherrsche ich aber nicht. Dafür
aber aus der Schule noch Spanisch. Ich denke immer, ich hätte viel vergessen,
aber wenn ich in die Situation komme, fallen mir häufig die richtigen Vokabeln
wieder ein. Gerade auch bei der Eintracht ist das extrem hilfreich. Mit Tuta,
Buta oder Pacho kommuniziere ich möglichst auf Spanisch. Es ist nicht immer
perfekt, aber es funktioniert.
Stimmt es, dass du zunächst
Deutsch auf einer App gelernt hast?
Ja, als der
Wechsel nach Köln feststand, habe ich versucht, mich mithilfe einer App
vorzubereiten und zu verständigen. Beim Effzeh habe ich dann mit einem Lehrer
gelernt, aber nicht sehr lange. Denn kurz darauf kam COVID und wir haben es mit
virtuellem Unterricht versucht. Das war aber irgendwie komisch. Später habe
ich zwar sehr viel verstanden, habe mich aber erst nicht getraut zu reden, weil
ich keine Fehler machen wollte. Die ersten zwei, drei Jahre in Deutschland habe
ich fast nur Englisch gesprochen. Als ich mich doch getraut habe und gemerkt
habe, dass es kein Problem ist und die Menschen mich verstehen, war es leicht.
Und mit Praxis, Praxis, Praxis wird es immer leichter.
Wie war die Umstellung für dich
und deine Familie?
Am Anfang war
natürlich alles neu, aber das traf uns nicht unerwartet und war auch kein
Problem. Köln, die Stadt und der Verein, waren auch sehr dankbar, um sich
rasch integrieren zu können. Die Menschen im Rheinland sind sehr
aufgeschlossen und gesellig. Dass ein halbes Jahr nach dem Umzug Corona kam,
konnte niemand kommen sehen. Auf einmal war alles zu. Keine Fans. Kein
Training. Keine Treffen mit mehr als zwei Personen.
Wenn Hasebe und Rode nächstes Jahr nicht mehr aktiv sind, bist du der Eintracht-Spieler mit den fünftmeisten Bundesligaspielen und warst in Montpellier Vizekapitän. Kannst du dir eine ähnliche Rolle in Frankfurt vorstellen?
Es stimmt, dass ich in Montpellier ab und zu die
Mannschaft als Kapitän aufs Feld geführt habe. Es war ähnlich wie hier mit
Makoto, unser Spielführer war über 40 [Hilton beendete 2021 mit 43 Jahren
seine Karriere; Anm. d. Red.]. Ich war sein erster Vertreter. Mit Seppl und
Hase werden zwei sehr verdiente Führungsspieler ihre Karriere beenden, die
diese Eintracht-Mentalität verkörpern. Es liegt an uns, vergleichbare Rollen
anzunehmen. Ich bin zwar noch relativ neu, habe aber dennoch vergleichsweise viel
Erfahrung. Ich denke, ich wurde auch geholt, um die Jungen zu führen.