Von
Abba bis Thurau
Was sportlich im Sommer 1974 los war, das wird auf vielen
anderen Seiten in dieser Ausgabe berichtet, eingeordnet und erzählt. Doch was
geschah sonst noch auf der Welt 1974? Zehn Ereignisse aus dem Sommer vor 50
Jahren, die in den meisten Fällen auch das Geschehen in Frankfurt und/oder bei
der Eintracht beeinfluss(t)en.
6.
April 1974 - Abba rockt
Es ist noch nicht wirklich Sommer, aber um die Zeit
musikalisch einzuordnen, darf ein Beitrag für die Ohren nicht fehlen. ABBA, die
zwei Jahre zuvor in Stockholm gegründete schwedische Popband, startet ihren
Höhenflug mit dem Sieg beim Eurovision Song Contest in Brighton. Der Name des
Gewinnertitels: Waterloo. Abbamania herrscht auch 50 Jahre später noch, die
Jubiläumstour macht im kommenden Jahr erneut Station in Frankfurt. Übrigens:
Sylvia Schenk (siehe Seiten 35 bis 37) sitzt 1974 beim hr in der deutschen Jury
für den Grand Prix, stimmt aber nicht für ABBA.
6. Mai
1974 Willy Brandt tritt zurück
Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) tritt wegen der
Spionageaffäre um Günter Guillaume, seinen persönlichen Referenten, zurück.
Tags darauf folgen 3.000 Frankfurter Bürger auf dem Römerberg einem Aufruf der
Frankfurter SPD zu einer Solidaritätskundgebung für Brandt. Am 16. Mai wählt
der Bundestag Helmut Schmidt (SPD) zum fünften Bundeskanzler der Bundesrepublik
Deutschland, der dieses Amt bis 1982 bekleiden sollte. In Hessen wechseln
unterdessen die Mehrheiten, bei der Landtagswahl im Herbst 1974 wird die CDU
erstmals stärkste politische Kraft. Bis zum ersten CDU-Ministerpräsidenten
Hessens dauert es allerdings noch bis 1987. Dann wird der ehemalige Frankfurter
Oberbürgermeister Walter Wallmann gewählt.
25.
Mai 1974 der ewige Oka
In Erbach im Odenwald passiert aus Eintracht-Sicht
Historisches, auch wenn das damals natürlich noch keiner einschätzen kann: Oka
Nikolov wird geboren! Der spätere Keeper der Eintracht wird zwischen 1995 und
2013 über 400 Mal das Tor der Eintracht hüten.
26.
Mai 1974 Die Konsti wird unterirdisch
An der Konsti fährt die U-Bahn! Die zweite Teilstrecke der
1968 ins Leben gerufenen Frankfurter U-Bahn wird eröffnet. Der 2,2 Kilometer
lange unterirdische Abschnitt führt von der Rampe am Scheffeleck bis zur
U-BahnStation Theaterplatz (heute Willy-Brandt-Platz). Zwischenstationen sind Konstablerwache
und Römer. Apropos Willy-BrandtPlatz: Hier werden seit 2013 die per
Internetabstimmung ausgewählten „Säulen der Eintracht“ gewürdigt. Eine davon
ist … richtig: Oka Nikolov!
1. Juni
1974 Hessentag in Fritzlar
Der Hessentag in Fritzlar startet. Eigentlich müsste es
Hessentage heißen, denn schon damals dauerte der Hessentag neun Tage. Heute
sind’s sogar zehn, und der Hessentag 2024 gastierte übrigens erneut in
Fritzlar. Das älteste und größte Landesfest in Deutschland fand schon fast
überall in Hessen statt – nur nicht in Frankfurt!
1.
Juli 1974 Sinkflug bei der Einwohnerzahl
Frankfurt zählt 664.745 Einwohner. Nachdem es zehn Jahre
zuvor fast 700.000 Einwohner waren, sinkt die Bevölkerungszahl weiter und
unterschreitet in den 1980er Jahren sogar die Marke von 600.000. Heute wird
Kurs auf 800.000 genommen.
16.
Juli 1974 Biblis startet
In Hessen geht das Kernkraftwerk Biblis, der damals größte
Kernreaktor der Welt, mit zwei Blöcken (A und B) ans Netz. Zwei weitere Blöcke
(C und D) waren Mitte der 1970er unter anderem angesichts der Ölpreiskrise, die
seit 1973 herrschte und auch das Jahr 1974 massiv prägte, vorgesehen; die Pläne
wurden aber wieder verworfen. Biblis liegt rund 50 Kilometer Luftlinie von
Frankfurt entfernt.
20.
Juli 1974 Die Zypern-Teilung
Die Türkei besetzt durch einen militärischen Vormarsch den
Norden der Insel, die seither geteilt ist. Im besetzten Territorium hat die
Türkei 1983 die nur von ihr anerkannte Türkische Republik Nordzypern
ausgerufen. Die einst von der UNO eingerichtete Demarkationslinie führt quer
durch die Hauptstadt Nikosia. Zahlreiche Eintracht-Fans werden mit ihr schon
Bekanntschaft gemacht haben, als sie die Adlerträger nach Zypern begleitet
haben und auf der belebten Einkaufsstraße in der Altstadt (Ledrastraße, siehe
Bild) unterwegs waren.
9.
August 1974 Die Watergate-Affäre
Im April noch dank ABBA Waterloo in allen Ohren, jetzt
Watergate. Die nach diesem Gebäudekomplex in Washington, in den 1970ern
Hauptquartier der Demokratischen Partei, benannte Affäre sorgte dafür, dass an
jenem 9. August US-Präsident Richard Nixon von seinem Amt zurücktrat. Ein
einmaliger Vorgang in der Geschichte der USA. Der erste amtierende
US-Präsident, der Frankfurt besuchte, war 1963 John F. Kennedy. Er hatte drei
Jahre zuvor die Präsidentschaftswahl gewonnen – gegen Nixon!
17.
August 1974 Thurau Weltmeister
Im Sommer 1974, bei der Bahnrad-WM vom 14. bis zum 20.
August in Montreal wird der erst 19-jährige Frankfurter Dietrich Thurau
Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung über 4.000 Meter. Thurau wird später
einer der bekanntesten deutschen Straßenradrennfahrer, verpasst bei den großen
Radrundfahrten mehrfach nur knapp das Podium (unter anderem Platz fünf bei der
Tour de France nach 15 Tagen in Gelb), wird zweimal WM-Zweiter und verhilft dem
Radsport in Deutschland kurzfristig zu einer ungeahnten Popularität.