Im
Doppel nach Paris
Tim Pütz, Tennis
Für Tennisspieler Tim Pütz geht es wie auch für einige
weitere Eintrachtler Ende Juli zu den Olympischen Spielen nach Paris. Für den
36-Jährigen ist es bereits die zweite Teilnahme. Die EvM-Redaktion hat ihn
vorab zum Interview getroffen.
Auch Tennisspieler Tim Pütz kann auf ein erfolgreiches Jahr
2023 zurückblicken und feierte an der Seite der Japanerin Miyu Kato im Mixed
bei den French Open seinen ersten Grand-Slam-Titel. In diesem Jahr stehen
bislang schon zwei Finalteilnahmen im Doppel zu Buche. Mit seinem Partner Kevin
Krawietz landete der Eintrachtler sowohl Anfang des Jahres beim ATP-Turnier von
Brisbane als auch beim Terra Wortmann Open in Halle jeweils auf dem zweiten
Platz. Im Sommer fährt er nun zu seinen zweiten Olympischen Spielen.
„Jetzt
selbst dabei zu sein, ist natürlich etwas ganz Besonderes“ --
Tim Pütz --
Gude,
Tim. Du bist jetzt zum zweiten Mal bei Olympia dabei. Was ist das für ein
Gefühl und was macht Olympia für dich aus?
Ich habe als Kind relativ viel Leichtathletik gemacht und
habe immer Olympia geschaut, also sind es in erster Linie wahrscheinlich die
Kindheitserinnerungen. Dann jetzt selbst dabei zu sein, ist natürlich etwas
ganz Besonderes. Das ist immer noch ein bisschen surreal, obwohl es jetzt schon
das zweite Mal ist. Vor allem war es in Tokio während Corona zwar schon
Olympia, aber irgendwie auch nicht. Von daher sind das jetzt meine ersten
richtigen Olympischen Spiele und da freue ich mich unheimlich drauf.
Gibt
es etwas, auf das du dich besonders freust?
Auf jeden Fall freue ich mich auf das Olympische Dorf. Das
war in Tokio so ziemlich das Einzige, was mehr oder weniger normal war. Dieses
Zusammengehörigkeitsgefühl sowohl unter den deutschen Athleten als auch
insgesamt im Olympischen Dorf war schon etwas sehr Cooles. Generell freue ich
mich auf die olympische Atmosphäre und darauf, alle anderen Athleten aus allen
möglichen Sportarten zu sehen. Diesmal haben wir auch die Möglichkeit,
rauszugehen und andere Sportarten anzugucken, das konnten wir in Tokio ja
leider überhaupt nicht machen.
Wie
bereitet man sich denn mental und physisch auf die Olympischen Spiele vor?
Von der Vorbereitung und vom Training her ist das bei uns
fast wie ein normales Turnier. Aber das ist wahrscheinlich von Sportart zu
Sportart unterschiedlich. In manchen Sportarten sind die Olympischen Spiele das
Riesenereignis im Jahr, aber bei uns im Tenniskalender ist es eher ein Ereignis
von vielen. Wir spielen bis kurz davor und direkt danach auch Turniere gegen
die gleichen Konkurrenten auf die gleiche Art und Weise, sodass Olympia von der
Belastung her bei uns jetzt nichts anderes ist. Aber natürlich ist Olympia auch
bei uns schon etwas Besonderes und genießt einen hohen Stellenwert, weil es eben
nur alle vier Jahre stattfindet.
Mit
welchen Erwartungen fährst du nach Olympia? Habt ihr euch als deutsches Team
ein bestimmtes Ziel gesetzt?
Schwer zu sagen. Ich meine, auf dem Papier sind wir eines
der besseren Doppel und mit Alexander Zverev sind wir wahrscheinlich auch eine
der besseren Mannschaften. Andererseits ist es ein K.-o.-System und sobald man
verliert, ist man raus. Man hat keine Gruppenspiele, wo man einmal schlecht
spielen kann und trotzdem weiterkommt. Aber ich glaube, das ist jedem bewusst,
denn das kennen wir auch von allen anderen Turnieren. Natürlich würden wir
gerne Richtung Medaillen spielen, aber da sind wir nicht die Einzigen und
gerade im Doppel ist das Feld immer sehr eng beieinander. Von daher haben wir
uns jetzt ergebnistechnisch kein klares Ziel gesetzt. Aber es wäre jetzt auch
gelogen, wenn wir sagen würden, dass es uns völlig egal ist, ob wir gut spielen
oder nicht.
Was
macht den Unterschied zwischen Einzel und Doppel aus?
Gravierende Unterschiede gibt es eigentlich nicht und
wahrscheinlich könnte man es als eine andere Disziplin in der gleichen Sportart
charakterisieren, wie jetzt zum Beispiel 100-Meter-Lauf und 400-Meter-Lauf. Man
braucht etwas andere Fähigkeiten. Wahrscheinlich sind Reaktionsschnelligkeit
und Übersicht im Doppel ein bisschen wichtiger sowie Aufschlag und Return, weil
das da einfach noch mehr über Sieg und Niederlage entscheidet als im Einzel.
Dafür sind physische Fähigkeiten wie Beweglichkeit oder Ausdauer im Doppel eher
unwichtiger.
Wie
findet man denn den passenden Partner für sich beim Doppel?
Da gibt es kein wirkliches Geheimrezept, wahrscheinlich so
wie man das im Club auch macht (lacht). Ich habe das große Glück, mit jemandem
spielen zu können, der aus dem gleichen Land kommt. Vorher hatte ich einen
Partner aus Neuseeland, das war dann wesentlich komplizierter. Im Endeffekt ist
es wichtig, dass man sich gut versteht, weil man so viel Zeit miteinander
verbringt und fast das komplette Jahr zusammen unterwegs ist. Man erlebt viele
wichtige, aber auch bittere Momente miteinander. Das wäre einfach sehr
schwierig zu verarbeiten, wenn man da jemanden an seiner Seite hätte, den man
noch dazu nicht leiden kann. Man muss einfach schauen, mit wem es Spaß macht.
Dann verabredet man sich im Zweifel für mehrere Jahre und spielt so lange
zusammen, wie man miteinander spielen möchte. Also zumindest ist das erstmal
die Idee, denn man macht keinen Vertrag. Wenn einer dann nicht mehr will, wird
der andere auch nicht sagen, dass er aber trotzdem weitermachen soll. Dementsprechend
ist das mit dem Doppelpartner wie in einer Beziehung (lacht).
Wie
oft habt ihr die Möglichkeit, auch zusammen zu trainieren?
Mehr, als man denkt, aber auch weniger, als man denkt. Wir
sehen uns im Jahr auf den Turnieren, wahrscheinlich grob geschätzt 200 Tage.
Das heißt, mehr als die Hälfte vom Jahr sind wir ohnehin schon zusammen und
trainieren dann auch die ganze Zeit zusammen. Die restliche Zeit ist es ein
bisschen schwieriger, denn ich wohne hier in der Nähe von Frankfurt, Kevin
Krawietz wohnt in München und wir haben beide Familien. Dann noch einmal eine
Woche aufzugeben, in der wir eigentlich zu Hause sind, um gemeinsam zu
trainieren, haben wir bis jetzt zumindest selten gemacht. Wir trainieren also
fast nur auf den Turnieren, was aber immer noch ein sehr großer Teil des Jahres
ist.
Welche
Rolle spielt der Kopf beim Tennis?
Die meisten erfahrenen Trainer sagen immer, dass der Kopf
wahrscheinlich die größte Rolle spielt, wie in vielen Sportarten auf höchstem
Niveau. Auch im Tennis ist die Voraussetzung für Topleistungen, dass man im
Kopf irgendwie frisch bleibt, gerade bei dem langen Jahr, das wir immer haben.
Aber das ist in unserem Fall besonders schwierig, da wir viel unterwegs und weg
von zu Hause sind. Es ist also insgesamt schon eine sehr anspruchsvolle
Sportart, gerade was das Mentale angeht. Dann kommt im Doppel noch dazu, dass
man manchmal gewinnt oder verliert, ohne selbst viel dafür zu können: Ich kann
gewinnen, weil Kevin irgendetwas richtig gut macht, aber umgekehrt kann ich auch
verlieren, weil Kevin etwas richtig schlecht macht. Dementsprechend ist das
dann auch nochmal schwieriger zu verdauen, als wenn du komplett selbst dafür
verantwortlich bist. Aber genau das macht das Doppel auch aus. Man gewinnt
zusammen, man verliert zusammen.