Beinharter Däne

Arbeiten, marschieren, immer 100 Prozent, die Erfahrung aus knapp 300 Profispielen und ein Tattoo, das sinnbildlich für seinen Fußball steht: Das ist Rasmus Kristensen.

Text: Stephan Weidemeyer

Foto: Martin Ohnesorge

Rasmus Kristensen hatte sich schlaugemacht. Sich fleißig umgehört. Die Frage, mit denen er Weggefährten und Freunden begegnete: Was wird ihn erwarten im Herzen von Europa? Da wäre sein Freund Jesper Lindström, in 80 Pflichtspielen für die Eintracht am Ball – „ich habe wegen ihm viele Spiele von der Eintracht gesehen“, erzählt Kristensen. Oder Evan Ndicka, zwischen 2018 und 2023 in Frankfurt und in der vergangenen Saison an Kristensens Seite für die AS Rom auf dem Platz. Oder Robin Koch, seit Sommer 2023 ein Adlerträger und ehemaliger Teamkollege Kristensens in Leeds – auf dem Platz und auch abseits davon verstanden sich beide in England schon gut. Mit allen hat sich der Däne ausgetauscht, alle haben ihm die Entscheidung einfach gemacht. „Wir hatten sehr gute Gespräche und dabei gespürt, dass er unbedingt zu uns wollte“, verriet dann auch Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche, als die Tinte getrocknet war.

Einfach gemacht haben es ihm auch seine neuen Mannschaftskollegen. „Super Gruppe, geile Mannschaft“, brachte es Kristensen wenige Tage nach seiner Ankunft bei seinem neuen Klub auf den Punkt. Beim ersten offiziellen Termin als Adlerträger, dem Testspiel im Rahmen von „Eintracht in der Region“ in Heusenstamm, genoss der 21-fache A-Nationalspieler und EM-Fahrer noch Schonfrist, tauchte aber dennoch direkt in den Trubel ein, schrieb Autogramme und erfüllte jeden SelfieWunsch. Christoph Preuß, Leiter der Lizenzspielerabteilung, sah das am Stadionmikro schon als perfekte Integrationsmaßnahme an und fragte rhetorisch: „Was gibt es Schöneres für einen neuen Spieler, als direkt bei so einer Gelegenheit auf einem kleinen Sportplatz bei der Eintracht-Familie zu sein und sich den Fans zu zeigen?“

Zeit, um richtig anzukommen, bot dann die Frankfurt Americas Tour in Louisville, Mexiko und New York City. Der 27-Jährige, Frankfurts neue Nummer 13, ist direkt auf Betriebstemperatur. Die kurze Trainingshose leicht hochgezogen – etwas, das er sich bei der Roma in Italien angewöhnt hat – kommunikativ, motiviert. „Jetzt geht’s los, jetzt spielen wir Fußball“, sagte er freudig nach seiner ersten Einheit im Trainingslager: Ich bin in einer guten Laufform. Jetzt geht es noch ein bisschen um die Fußballform. Dann bin ich bereit.“

Was es bedeutet, wenn er bereit ist, versuchte der 1,87 Meter große Verteidiger zu umreißen – auch wenn er zugab, dass es nicht einfach sei, sich selbst zu beschreiben: „Kampf, Power, Aggressivität. Ich marschiere gerne – hoch und runter. Ich bin auch taktisch disziplinierter und verstehe Fußball besser als vor drei oder vier Jahren. Ich möchte mit meiner Persönlichkeit, Erfahrung und Spielweise helfen, wo ich kann.“ Zu 100 Prozent garantieren kann er: „Ich bin Däne und gebe immer alles.“

Zum beinharten Verteidiger herangewachsen ist Kristensen in der dänischen Region Midtjylland. Geboren in Brande, der zweitgrößten Stadt in der Ikast-Brande Kommune, schlüpfte er als Sechsjähriger für den Brande IF erstmals in Fußballschuhe. Von dort ging es weiter ins nahegelegene Herning und schließlich ins Nachwuchsleistungszen-trum des FC Midtjylland.

Weniger als vier Jahre dauerte es bis zu seinem Profidebüt: Am 7. März 2016 stand er gegen Nordsjaelland 52 Minuten auf dem Rasen, eine Woche später im Ligaspiel gegen Hobro war es bereits die volle Distanz. Bundesliga-Fun-Fact: Sein Trainer war damals Jess Thorup, seit Oktober 2023 Coach des FC Augsburg – ein Wiedersehen in der Liga ist dem Spieltag zufolge für den 13. Spieltag vorgesehen.

Im Januar 2018 zog es den Dänen raus in die europäische Fußballwelt: Bis jetzt absolvierte er für Midtjylland, Ajax, Salzburg, Leeds United und der Roma in fünf Profiligen 281 Pflichtspiele – die UEFA Youth League eingeschlossen 46 auf europäischer Bühne. Neun Titel sammelte er dabei.

Einer der Erfolge bescherte Kristensen auch eine nachhaltige Erinnerung. „Als wir mit Ajax Meister geworden sind, waren wir anschließend in Barcelona – wir waren drei Dänen und hatten diese Idee. Also haben wir alle nun dieses Wikinger-Tattoo.“ Durchaus sinnbildlich für seine Gangart auf dem Platz. Einer, der Fußball arbeitet und vorwegmarschiert. Immer 100 Prozent eben. „Rasmus ist ein robuster und zweikampfstarker Spieler, der ein klares Außenverteidigerprofil hat, aber auch als Innenverteidiger spielen kann“, beschrieb Markus Krösche im Juli.

Auf den Rasen bringen wird die Defensivkante – im Übrigen frisch gebackener Papa – dieses künftig im Deutsche Bank Park. Ein Stadion, das er von der UEFA EURO 2024 kennt. Kristensen, dessen Cousin Leon Jessen – elf Jahre älter und ebenfalls gebürtig in Brande – einst mit Kaiserslautern gegen die Eintracht spielte, gastierte mit Dänemark am zweiten Gruppenspieltag im Frankfurter Stadtwald: 1:1 gegen England, circa 46.000 Zuschauer. „Das Stadion ist Wahnsinn, was für eine Stimmung“, erinnert sich der 27-Jährige. Daran darf er sich gerne gewöhnen, und künftig werden noch einige Tausende mehr da sein.

Arthur Theate verpflichtet

Der Innenverteidiger Arthur Theate kommt auf Leihbasis bis zum Ende der laufenden Saison zur Eintracht, infolgedessen besitzt der Bundesligist eine Kaufoption. Theate begann seine Laufbahn im Nachwuchs des Traditionsklubs Standard in seiner Geburtsstadt Lüttich sowie des KRC Genk. Im Alter von 20 Jahren gab der belgische Nationalspieler und EM-Teilnehmer 2024 beim damaligen belgischen Erstligisten KV Oostende sein Profidebüt. Nach 40 Pflichtspielen und fünf Toren in der ersten Saison wechselte Theate zunächst leihweise zum italienischen Serie-A-Vertreter Bologna FC, der den 1,85 Meter großen Innenverteidiger, der auch als linker Verteidiger eingesetzt werden kann, nach 31 Erstligaspielen (zwei Tore, eine Vorlage) fest verpflichtete. Im Sommer 2022 wechselte der Linksfuß zum französischen Erstligisten Stade Rennais FC, bei dem der 24-Jährige in den zwei Spielzeiten zu den Stammkräften zählte (82 Pflichtspiele, acht Treffer, ein Assist).

Pacho und Max gehen

Willian Pacho (l.) ist zum amtierenden französischen Meister und Pokalsieger Paris SaintGermain gewechselt. Der Ecuadorianer kam im Sommer 2023 vom Royal Antwerp FC nach Frankfurt, wo er sich prompt einen Stammplatz eroberte. In seiner ersten und einzigen Saison bei der Eintracht absolvierte der Innenverteidiger 33 Spiele in der Bundesliga, inklusive Qualifikation acht in der UEFA Europa Conference League sowie drei im DFB-Pokal. Philipp Max (r.) hat sich derweil nach 42 Pflichtspielen mit einem Tor und fünf Assists für die Eintracht dem Panathinaikos FC in Athen angeschlossen.