Was macht eigentlich …

… Matthias Hagner?

Seit wenigen Monaten ist Matthias Hagner zurück bei der Eintracht, als Torgarant in der Tradi. Beruflich hat er sich kürzlich neu orientiert und einen langjährigen Traum erfüllt. Nach einem Schicksalsschlag im vergangenen Jahr ist es auf mehreren Ebenen ein Neuanfang für „Tisi“ – pünktlich zu seinem 50. Geburtstag, den er am 15. August feierte.

Text: Philipp Dibelka, Michael Wiener

   Matthias Hagner *15.08.1974 in Gießen

   Bei der SGE: 1991–1996

   Spiele für die SGE: 31 x Bundesliga (10 Tore), 2 x DFB-Pokal (0), 2 x Europapokal (0), 48 x Oberliga (17), 2 x Aufstiegsspiele (3), 4 x Regionalliga Süd (5)

   Schönste Erlebnisse mit der SGE: „Das waren die Spiele gegen Bayern München in der Saison 1995/96. Beim 4:1-Heimsieg im Waldstadion habe ich zwei Treffer erzielt, beide mit dem rechten Fuß. Im Rückspiel in München haben wir 1:1 gespielt, da habe ich mit links getroffen.“

Geiß-Nidda in der Wetterau, Mitte Juli. Die Traditionsmannschaft spielt vor 1.500 Zuschauern beim gastgebenden TSV. Matthias Hagner sitzt auf der Ersatzbank, beantwortet geduldig die Fragen von EintrachtTV-Kinderreporter Noah und genießt die letzten Minuten der Partie, in der er drei Tore erzielt hat. Seit er zu Beginn des Jahres für die Tradi debütiert hat, hat er bei jedem seiner Einsätze getroffen. Hagner spielt im Sturm, leichtfüßig, unverändert technisch stark, hat kaum etwas eingebüßt von der drahtigen Figur zu Bundesligazeiten. Der 50-Jährige hat Freude am Spiel, und mit seiner positiven Art versprüht er auch Lebensfreude. Nicht selbstverständlich, denn hinter Hagner liegt eine schwere Zeit.

Vergangenes Jahr verstarb sein Sohn Jonas (†21), der sieben Jahre lang gegen den Krebs angekämpft hatte. In dieser schweren Zeit konnte sich der Familienvater, der mit seiner Ex-Frau noch drei weitere Kinder hat, auf seine engsten Freunde und Familienangehörigen verlassen, die ihm viel Kraft und Mut gegeben haben: „Mit Manni Binz ist der Kontakt nie abgebrochen. Er war auch bei Jonas‘ Trauerfeier dabei.“

Binz ist heute in der Tradi wieder Hagners Teamkollege, das war er auch vor rund 30 Jahren zu seiner aktiven Zeit. In Diensten der SGE stand der geborene Mittelhesse nach seinem Wechsel vom FC Burgsolms mit einer kurzen Unterbrechung von 1990 bis 1996. In seiner ersten Saison wurde er Deutscher U17-Meister, er hatte im Finale gegen die Hertha zum 6:4 und 8:4-Endstand getroffen. Zum Team zählten auch Michael Anicic und Thomas Sobotzik, mit denen er später den Sprung zu den Profis schaffte. „Ich bin in Burgsolms groß geworden. Damals hatten wir eine sehr gute Jugendausbildung. Plötzlich sitzt du in der Kabine mit Tony Yeboah, Manni Binz und Co. Das war höchst aufregend!“

Der Durchbruch gelang dem früheren U21- Nationalspieler in der Saison 1995/96 unter Karl-Heinz Körbel, seinen ersten Bundesligatreffer erzielte er per Kopf gegen Kaiserslautern mit Verteidiger Harry Koch – (Nach-)Namen, die in der Eintracht-Familie sehr präsent sind. Trotz Hagners Toren (zehn in 26 Spielen) konnte der Abstieg nicht verhindert werden, er wechselte zum VfB Stuttgart und wurde mit den Schwaben 1997 DFB-Pokalsieger.

Neustart zum 50.!

Nach der aktiven Spielerkarriere mit weiteren Stationen in Mönchengladbach, Fürth, FSV Frankfurt (in drei Spielklassen) und Saarbrücken kam der Sprung ins Trainergeschäft. Der Inhaber der A-Lizenz trainierte fortan unter anderem den VfB Gießen und die Sportfreunde Siegen. „Vor knapp zehn Jahren begann ich mein Psychologiestudium an der JustusLiebig-Universität in Gießen, arbeitete dann rund fünf Jahre lang im Psychotherapieheim mit psychisch erkrankten Kids. Das hat mir viel gegeben.“

Nachdem „Tisi“ das Studium abgeschlossen hat und auch den Schicksalsschlag mit seinem Sohn Jonas verarbeitet hat, ist Zeit für einen beruflichen Neuanfang. Er arbeitet seit Juli als Sportpsychologe bei der TSG Hoffenheim. „Hier hat der Fußball noch viel Potenzial. Mein Ziel war es seit Studiumsbeginn, in diesem Bereich zu arbeiten. Nun habe ich die Chance“, sagt Hagner, der sich nach eigenen Angaben heute „gesünder ernährt als zur Profizeit“ und der sportlich breit aufgestellt ist. Beim Gießener Silvesterlauf war er dabei, seine Liebe zum Tennis hat er wiederentdeckt, kürzlich schaute er sich mit seiner Tochter hochklassige Leichtathletik in Wetzlar an.

Dazu spielt er wieder Fußball, unter anderem bei Eintrachts Tradi. Hier wird er sicherlich auch nach der Sommerpause durch die gegnerischen Defensivverbünde dribbeln und in der Torschützenliste zu finden sein.