EINTRACHT-FAMILIE und Friz ergänzt: „Der Rest lief über Einzelgespräche, wie am Finaltag im Hotel in Marburg.“ Adolf und Sylvia Katzenmeier pflegten die Muskeln der Spieler in ihrer Praxis in Niederrad, „auch mal um 22 Uhr, sie waren immer für uns da“, so Friz. Es gab ein paar Betreuer wie unter anderem den späteren Präsident Rolf Heller. Das war‘s an Trainerteam und Staff. Und die Trainingsbedingungen? „Hartplatz“, kommt es wie aus der Pis- tole geschossen. Am Riederwald waren damals inklusive Profis alle Fuß- ballteams der Eintracht beheimatet, die Trainingszeiten auf den guten Rasenplätzen für die älteren Teams reserviert. „Entweder oben an der Schule oder unten an der Bahn“, beschreibt Binz die damaligen Umstän- de. Die Heimspiele der Endrunde wurden im Friedrichsdorfer Stadtteil Seulberg vor den Toren Frankfurts ausgetragen. „Klaus hat immer Sport- plätze mit Atmosphäre rausgesucht. Das war wie gemacht für uns“, so Conrad. Die Zuschauerzahlen waren vierstellig, so war die Eintracht ab dem Achtelfinale eine Heimmacht. Steiniger war der Weg in der Hauptrunde der Landesliga Süd, Kickers Offenbach war durch einige Punktverluste der Eintracht – unter ande- rem 4:4 bei der SG Hoechst – schon enteilt. Am letzten Spieltag mussten die Adlerträger auf dem Hartplatz am Bieberer Berg gewinnen, um das Entscheidungsspiel um die Meisterschaft zu erreichen. Beim Stand von 1:1 verschoss Armin Kraaz einen Elfmeter gegen Oliver Reck, Dennis Rieth machte es wenige Minuten später besser und traf vom Punkt zum 2:1-Endstand. Das Entscheidungsspiel in Seckbach gewann die Eintracht ebenso wie das folgende Hessenfinale gegen Hessen Kassel. Szene aus dem Finale in Marburg: Anthony Baffoe, später Bundesligaspieler für Köln und Fortuna Düsseldorf, steigt am höchsten, Bernhard Trares (r.) kommt zu spät. Jörg Hollenbach ist auf dem Posten. DIE ENDRUNDE DAS FINALE Achtelfinale: TSV 1860 München 2:3/A, 4:0/H Viertelfinale: Schalke 04 4:4/A, 5:2/H Halbfinale: VfB Stuttgart 5:1/H, 1:2/A Finale in Marburg: 1. FC Köln 2:0 Eintracht Frankfurt: Hollenbach; Trares, Klepper, Borkenhagen, Kraaz, Piesker, Binz (69. Conrad), Rieth, Wöber (63. Völker), Heider, Friz. Trainer: Klaus Mank. Tore: 1:0 (38.) Trares, 2:0 (76.) Friz. Schiedsrichter: Peter Gabor. Klaus Mank ist der Architekt einiger Frankfurter Meistermannschaften. „Er und Otto Müller kannten jeden guten Frankfurter Jugendspieler, sie haben uns schon in der D-Jugend beobachtet. Sie waren die ersten Scouts, wenn man so will“, erzählt Alexander Conrad. Das Duo habe die Sportplätze abgefahren und dann Spieler wie Armin Kraaz und Co. zur Eintracht geholt. Praunheim, Sachsenhausen, Eckenheim, Bockenheim, Niederrad – das wa- ren die Wohnorte der Spieler aus der 1983er Mannschaft. „Wir hatten vielleicht drei, vier Spieler von außerhalb“, erinnert sich Armin Kraaz, der vom SV Viktoria Preußen 07 zur Eintracht gekommen war. Training auf dem Hartplatz, Klaus Mank als Architekt, Fast-Aus in der Hauptrunde Als ehemaliger Leiter des Nachwuchsleistungszentrums bei der Ein- tracht kann Kraaz bestens einschätzen, warum dieses System damals so gut funktionierte. „Frankfurt hatte ein gutes Einzugsgebiet und die ge- nannten umtriebigen Personen. Viele Vereine haben damals noch keine gezielte Jugendarbeit betrieben. Hoffenheim, Wolfsburg, Leipzig, Frei- burg, die Bayern – all diese Topjugendvereine von heute gab es nicht. Auch keine Internate. Wir hatten zwei, drei Jungs am Riederwald, unter schäbigen Bedingungen“. Dafür wurde jeden Tag gekickt, quasi vor der Haustür. Conrad: „Jeder hatte, so wie ich am Riederwald, einen Bolzplatz oder Käfig vor der Tür. Nach der Schule gab’s nur Fußball.“ Wie groß der Drang zum runden Leder war, zeigt auch Manfred Binz auf. „Manchmal haben wir nach den A-Jugendspielen am Sonntagmorgen mittags noch in der italienischen Mannschaft gespielt. Das ist heute alles unvorstell- bar.“ Professionelle Scouts, Co-Trainer, Torwarttrainer, Videoanalysten – gibt’s alles nicht 1983. „Wir hatten Köln mal bei Turnieren gesehen, ansonsten kannte Klaus Mank die Stärken des FC und hat uns entsprechend einge- stellt. Wir haben sowieso immer im 3-5-2-System gespielt“, meint Kraaz, 78 In der Endrunde trumpfte die Mannschaft auf und zeigte, warum es später acht Spieler in die Bundesliga schaffen sollten. „Der beste Spieler war aber Stefan Wöber“, ist sich das Quartett einig. „Einer wie Marc Sten- dera später. Etwas kleiner, technisch super, in der Endrunde brillant“, erinnert sich Kraaz. Wöber spielt 1983 an der Seite von Hans-Dieter Flick und Michael Skibbe bei der U18-EM, durchläuft bis dahin alle Nationalmannschaften. Den Sprung in die Bundesligamannschaft der Ein- tracht schafft er jedoch nicht, er spielt später unter anderem für Darmstadt im Unterhaus. „Wir waren als Gruppe top. Alles Frankfurter Jungs, Klaus Mank hatte uns super im Griff“, begründet Holger Friz, bester Torschütze der Mannschaft, den Höhen- flug durch die Endrunde. Die Hitzeschlacht im Finale mit rund 9.000 Frankfurter Fans im Rücken beginnt zäh, ehe Bernhard Trares aus 25 Metern abzieht und das Leder im Winkel einschlägt. „Ein geiles Tor“, schwärmt Binz, der noch heute eng verbunden ist mit dem 1999er DFB-Pokalsieger Werder Bremen. Holger Friz („drei Mann ausgespielt und dann abgezogen“) sorgt für das 2:0 und großen Jubel. Gefeiert wird später im Grauen Bock in Sachsenhausen und im Vogue Club, einer der feinen Clubbing-Adressen seinerzeit in Frankfurt. 40 Jahre später geht’s an diesem Donnerstag an der Bockenheimer War- te ruhiger zu als damals ein paar Kilometer weiter östlich in der Junghof- straße. Ein gemeinsames Foto noch, ehe die Gesprächsrunde beendet und der überdimensionale Meisterwimpel wieder eingepackt wird. „Schön, euch mal wieder gesehen zu haben“, wird Armin Kraaz wenig später in die gemeinsame WhatsApp-Gruppe, die zur Terminfindung installiert worden war, schreiben.