ADLERTRÄGER ADLERTRÄGER Bevor du zur Eintracht kamst, hast du aus- schließlich in Frankreich gelebt. Wie und wo bist du aufgewachsen? Ich bin in einem Vorort von Paris aufgewach- sen, in einer Stadt namens Sarcelles. Dort habe ich mein ganzes Umfeld: meine ganze Familie, alle meine Bekannten und Freunde. In die Schule bin ich bis zur sechsten Klasse ge- gangen, bevor ich in die Sportschule gekom- men bin. Das war mit zwölf Jahren, als ich zu Paris Saint-Germain gegangen bin. Ich glaube, das hat meine Eltern damals sehr beruhigt, zu wissen, dass ich das machen kann, was mir Spaß macht, es aber auch immer eine schuli- sche Betreuung gibt und dass die Ausbildung weitergeht. Es ist nie einfach, mit zwölf Jahren das Elternhaus zu verlassen und in ein Ausbil- dungszentrum zu gehen. Diese Lebensphase hat einen großen Teil meines Lebens ausge- macht und ist mittlerweile der Grund, warum ich heute vor euch sitze. Es war eine tolle Zeit für mich und immer, wenn ich Zeit habe, fahre ich zurück in meine Heimatstadt. Wo hast du Fußball gespielt? Wie alle französischen Spieler habe ich sehr früh angefangen, auf der Straße zu spielen. Wir haben dort mit dem gespielt, was wir fan- den: Plastikbälle, selbst gebastelte Bälle, spä- ter dann Lederbälle. Dann hatten wir das Glück, dass der französische Staat verstanden hat, dass der Sport sehr wichtig für die Jugend ist und ein Weg ist, um Kinder davon abzuhal- ten, auf die schiefe Bahn zu geraten. Dadurch hatten wir immer einen Platz zur Verfügung. Man nennt das in Frankreich „City-Stade“ [City- Stadion; Anm. d. Red.], wie man mittlerweile auch einige hier in Deutschland finden kann. Wir hatten das schon sehr früh, wodurch es uns möglich war, die Leidenschaft und die Lust am Fußballspielen zu verinnerlichen. Ich den- ke, dass die Tatsache, dass ich heute vom Fuß- ball lebe, auf meinen damaligen Alltag zurück- zuführen ist. Ich schlief Fußball und ich aß Fußball, weil es das Einzige war, was ich als Kind vor Augen hatte. Zu welchen Spielern hast du aufgeschaut? Wer waren deine Idole? Ich würde nicht sagen, dass ich Idole hatte, auch wenn es natürlich Spieler gab, die mich inspiriert haben. Seit einiger Zeit versuche ich nun, mich auf mich selbst zu fokussieren und das zu tun, was ich am besten kann. Es ist jetzt an uns, den Kleinen zu zeigen, wie sie sich ent- wickeln können, und nicht immer nur auf an- dere zu schauen. Irgendwann, wenn das Ni- veau steigt, vor allem bei einem Verein wie der Eintracht, bleibt einem ohnehin nicht die Zeit, um sich auf andere zu konzentrieren. Wie haben dich deine Eltern und deine Fa- milie in deiner Jugend unterstützt? Das Leistungszentrum von PSG und meine Heimat liegen etwa 45 Autominuten auseinan- der. Ich war jedes Wochenende zu Hause und habe sie besucht. Außerdem habe ich meine Familie jeden Tag angerufen und sie sind auch oft zu meinen Spielen gekommen. Dadurch konnte ich die große Unterstützung von mei- ner Familie spüren. Junior durchläuft zu dieser Zeit das Nachwuchs- leistungszentrum von PSG. Mit den Parisern spielt er bereits im Alter von 16 Jahren in der UEFA Youth League unter anderem gegen den von Se- bastian Hoeneß trainierten FC Bayern München. Teamkollegen sind im September 2017 unter an- derem Timothy Weah, Sohn des früheren Welt- fußballers und heutigen Präsidenten Liberias Ge- orge Weah, und der Ex-Leverkusener Moussa Diaby. Zwei Monate später, nach seinem fünften Einsatz in diesem Wettbewerb, ist nach einer Nie- derlage gegen den FC Barcelona im Achtelfinale Endstation. Ein Jahr später debütiert er in der U20-Nationalmannschaft, in der ihm im zweiten Einsatz gegen die Türkei ein Dreierpack gelingt. Hat die Schule unter der Fußballbegeiste- rung gelitten? Ganz und gar nicht. Ich habe wie jeder andere auch mein Abitur gemacht und hätte sogar gerne ein Studium angehängt. Da sich aber dann immer mehr um den Fußball gedreht hat, wurde so etwas zeitlich leider schwierig. Wenn man bedenkt, dass man heutzutage sehr jung schon Profi ist, dann ist es umso schwieriger, seine Ausbildung nicht zu ver- nachlässigen. Was hättest du gerne studiert oder was wäre eine Option neben dem Fußball gewe- sen? Als ich auf dem Gymnasium war, habe ich den wirtschaftlichen Ausbildungszweig gewählt. Dort hatte ich aber Schwierigkeiten mit Mathe- matik. Deshalb bin ich auf den Manage- ment-Weg umgeschwenkt, in dem ich recht gut in Sprachen und sogar sehr gut in Philoso- phie war. Jura hat mir auch Spaß gemacht und daher denke ich, dass ich mich in diesem Be- reich orientiert hätte. Du hast das Thema Sprachen angespro- chen, wie ist es um deine Deutschkenntnis- se bestellt? Ich hatte vorhin noch eine Deutschstunde. Es ist nicht einfach, die Sprache zu lernen. Aber ich gebe mir Mühe und hab auch schon ein paar Kenntnisse. [Junior spricht ein paar Worte auf Deutsch; Anm. d. Red.] „Es ist nie einfach, mit zwölf Jahren das Eltern- haus zu verlassen und in ein Ausbildungszen- trum zu gehen. Diese Lebensphase hat einen großen Teil meines Lebens ausgemacht und ist mittlerweile der Grund, warum ich heute vor euch sitze“ Eintracht vom Main Eintracht vom Main 23 23